Geduld

Es ist die angespannte Atmosphäre, die mich packt, kurz bevor Dinge sich auflösen. Die mich seit Tagen, Wochen, manchmal Jahren begleitet und meine Geduld fordern. Es ist die Anspannung vor kleinen, aber auch großen Dingen. Die mich zwingen, trotz meiner inneren Unruhe ruhig zu bleiben. Fokussiert. Motiviert.

Im Mai werden die drei Jahre meiner Doktorarbeit plus das eine Jahr meiner wissenschaftlichen Tätigkeit zu Ende gehen. Doch die größte Anspannung darf schon vorher gehen: meine Verteidigung und damit der Abschluss meiner Doktorarbeit! Diese Woche habe ich endlich, endlich erfahren, wann dieser große Tag der Verteidigung sein wird. Bis dahin wartete ich.

Schon die Abgabe des schriftlichen Teils meiner Doktorarbeit, der Dissertation, hat sich hinausgezögert. Nicht, weil ich nicht ins Schreiben gekommen wäre. Nicht, weil meine Dissertation nicht meine oberste Priorität im letzten Jahr gewesen wäre. Vielmehr sind Doktorarbeiten für Doktoranden eine enorm wichtige Sache, haben im täglichen Tun der Wissenschaft aber eine vergleichbar niedrige Priorität. Ungeachtet dessen, dass Doktoranden mit ihrer Arbeit einen Großteil wichtiger wissenschaftlicher Ergebnisse liefern. Also wartete ich.

Kurz bevor ich meine Arbeit Ende November 2023 endlich abgeben konnte, packte sie mich wieder, diese Anspannung, bevor Dinge ein (vorläufiges) Ende finden. Die letzten Überarbeitungsschleifen, die letzten Formatierungen, das letzte Mal Korrekturlesen. Der Kampf mit dem Drucker, der meine Geduld genauso einforderte wie der vergessene Lebenslauf als letzte Seite meiner Dissertation. Und dann endlich darf mein Baby gehen. Und ich, ich warte wieder.

Bis meine Arbeit bei den Gutachtern eintraf. Bis meine schriftliche Arbeit bewertet wurde. Bis ich die Nachricht bekam, dass nun alle Gutachten da sind und ich offiziell einen Termin für meine Verteidigung ausmachen kann. Und hier, du ahnst es vielleicht, kam das nächste Warten. Denn EINEN Termin finden, an dem drei Professoren Zeit haben … uff. Ich schrieb Mails mit Terminvorschlägen, wartete geduldig und erhielt Absagen. Ich weiß, wie voll der Terminkalender meiner Doktormutter ist und es grenzte jedes Mal schon fast an ein Wunder, wenn sie doch noch einen freien Termin von zwei Stunden fand.

Dieses Spiel spielte ich drei Runden. Termin erfragen, Terminvorschläge schreiben, warten und hoffen, innerlich den eigenen Terminkalender durchgehen und überlegen, wie alles andere drumherum organisiert werden kann. Absage, Frust, beginnender Zeitdruck. Denn die Zeit meiner jetzigen Stelle neigt sich dem Ende zu. Und den Vertrag meiner neuen Stelle kann ich nur unterschreiben, wenn ich meine Doktorarbeit verteidigt habe. All das ist momentan egal, denn ich habe einen Termin!

Und nun beginnt die angespannte Phase vor meiner Verteidigung. Die nächste große Episode, die meine Geduld verlangt. Dieses Mal aber kann ich aktiv sein, etwas tun und mich vorbereiten. Und mich bis dahin mit kleineren Episoden ablenken, die ebenfalls meine Geduld verlangen.

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