Zuletzt aktualisiert am 18. Februar 2024 von Isabell
Table of Contents
- 1. Was sind Shigatoxine?
- 2. Wie schädigen Shigatoxine die Zellen?
- 3. Wie kommen Shigatoxine überhaupt in die Zelle?
- 4. Warum bilden EHEC mehr Shigatoxin, wenn Antibiotika gegeben werden?
- 5. Gibt es andere Antibiotika, um EHEC-Infektionen zu behandeln?
- 6. Ist das Shigatoxin mit anderen Toxin wie dem Botulinumtoxin vergleichbar?
- 7. Warum sind EHEC-Infektionen zwischen Menschen unterschiedlich?
- 8. Warum schaden Shigatoxine nicht den Rindern?
- 9. Können Shigatoxine nicht einfach im Körper „weggefangen“ werden?
- Kurz und knackig
- Du willst mehr erfahren?
1. Was sind Shigatoxine?
Das Shigatoxin ist ein bakterieller Giftstoff. Es wird von EHEC und Shigellen gebildet, um Zellen zu zerstören, wodurch EHEC sich im Körper weiter ausbreiten kann. Shigatoxine sind seit den 1970er-Jahren bekannt, konnten aber erst zehn Jahre später mit EHEC-Infektionen als Ursache der Symptome in Verbindung gebracht.
2. Wie schädigen Shigatoxine die Zellen?
Shigatoxine sind speziell aufgebaut: Sie bestehen aus einer sogenannten A-Untereinheit und fünf B-Untereinheiten. Die A-Untereinheit wirkt wie ein Enzym. Es unterdrückt die lebensnotwendige Proteinbildung in den Zellen. Wird diese gestört oder sogar komplett unterbunden, stirbt die Zelle ab.
Dieses Zellsterben ist bei EHEC-Patienten zu sehen: die blutigen Durchfälle, die geschädigten Nieren und neurologische Ausfälle, wenn Nervenzellen betroffen sind.
3. Wie kommen Shigatoxine überhaupt in die Zelle?
Die B-Untereinheiten ermöglichen den Shigatoxinen, dass sie in die Zellen eindringen. Denn die B-Untereinheiten erkennen und binden spezielle Strukturen auf der Zelloberfläche, die sogenannten Rezeptoren. Diese Rezeptoren finden wir vor allem auf Darmzellen, den Nieren- und Nervenzellen, daher auch die Symptome einer EHEC-Infektion.
4. Warum bilden EHEC mehr Shigatoxin, wenn Antibiotika gegeben werden?
Bakterien sind clevere Strategen und geben sich nicht kampflos geschlagen. Eine ihrer Strategien ist das Shigatoxin, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Reagiert der Mensch jetzt auf die bakterielle Infektion mit Antibiotika, so wird EHEC zurückschlagen!
Antibiotika bedeuten Stress für Bakterien, da sie abgetötet werden oder sich nicht mehr vermehren können. Um sich weiter ausbreiten zu können und die Chance zu erhöhen, dass einige Bakterien dem Antibiotika-Angriff entgehen, produzieren sie noch mehr Shigatoxin.
5. Gibt es andere Antibiotika, um EHEC-Infektionen zu behandeln?
Vermutlich ja. Ich sage hier aber vermutlich, denn es gibt keine belastbaren Ergebnisse bei Patienten. Forschungen dazu laufen, zuerst im Labor mit den Bakterien, anschließend in Zellkulturen und organähnlichen Zellkulturen, später in Versuchstieren und klinischen Studien.
Diese ersten Experimente im Labor zeigen, dass es offenbar Antibiotika gibt, die die EHEC-Bakterien abtöten, OHNE dass mehr Shigatoxin gebildet wird. Diese Ergebnisse konnten im Mausmodell bestätigt werden. Allerdings kann nicht ohne Weiteres vom Tier auf den Menschen geschlossen werden. Weitere Untersuchungen und klinische Studien sind notwendig, aber gefährlich, sollten es durch die Antibiotika doch dazu kommen, dass mehr Shigatoxin gebildet wird.
6. Ist das Shigatoxin mit anderen Toxin wie dem Botulinumtoxin vergleichbar?
Ja und nein. Die beiden Toxine werden von unterschiedlichen Bakterien gebildet, das Shigatoxin von EHEC, das Botulinumtoxin von Clostridium botulinum.
Der Aufbau der beiden Toxine ist ähnlich. Sie zählen zu den sogenannten AB-Toxinen, da sie aus einer A- und einer B-Untereinheit bestehen. Während Shigatoxine fünf dieser B-Untereinheiten besitzen (siehe Frage 2 und 3), ist es beim Botulinumtoxin nur eine B-Untereinheit. Diese bindet ausschließlich an Nervenzellen.
Obwohl die beiden Toxine so ähnlich aufgebaut sind, ist ihre Wirkung der A-Untereinheit komplett verschieden. Shigatoxine lassen die Zellen absterben, da sie keine Proteine mehr bilden können (Frage 2). Das Botulinumtoxin lähmt Nervenzellen, wodurch Reize besonders in Muskelzellen nicht weitergeleitet werden.
7. Warum sind EHEC-Infektionen zwischen Menschen unterschiedlich?
Das ist von mehreren Faktoren abhängig. Eine große Rolle spielt das Immunsystem, das bei Babys, Kleinkindern und älteren Menschen noch nicht oder nicht mehr so gut funktioniert. Deswegen sind sie besonders häufig von EHEC betroffen.
Der Ausbruch 2011 in Norddeutschland zeigte, dass auch fitte Erwachsene schwere Symptome haben können. Damals war ein besonderer Typ EHEC dafür verantwortlich. Somit spielt der EHEC-Typ ebenfalls eine Rolle.
Eine dritte Möglichkeit ist das Shigatoxin. Es werden zwei Shigatoxin-Typen unterschieden: Shigatoxin 1 und 2. Sie unterscheiden sich leicht in ihrem Aufbau und wie sie von EHEC gebildet werden.
Und also wäre das nicht schon genug, haben beide Shigatoxin-Typen noch mehrere Untertypen: drei für Shigatoxin 1 und bis zu 15 für Shigatoxin 2! Auch diese Untertypen unterscheiden sich in ihrem Aufbau, aber auch darin, wie aktiv sie sind und ob sie die Nieren schädigen. Europaweite Untersuchungen zeigten, dass schwere EHEC-Infektionen größtenteils mit drei bis vier Shigatoxin-Untertypen auftreten.
8. Warum schaden Shigatoxine nicht den Rindern?
Rinder sind Träger von EHEC, ohne dass sie selbst typische Symptome wie blutige Durchfälle oder geschädigte Nieren haben. Je nach Land sind bis zu 70 % der Rinder mit EHEC besiedelt und das meist auch über einen sehr langen Zeitraum. Sie besitzen außerdem dieselben Andockstellen im Körper wie wir Menschen.
In Rindern sind die Andockstellen auch auf gewissen Immunzellen zu finden, die unterschiedliche Stadien durchlaufen. Nicht in jedem Stadium sind die Andockstellen vorhanden, sodass das Shigatoxin hier gar nicht binden kann. Das Stadium, in dem die Andockstellen präsent sind, ist sehr kurz. Und, diese Zellen können auch unempfindlich gegenüber dem Shigatoxin werden.
9. Können Shigatoxine nicht einfach im Körper „weggefangen“ werden?
Dazu gibt es definitiv Untersuchungen! Hier können zwei Arten infrage kommen: künstliche Andockstellen oder Antikörper. Beides sollen die Shigatoxine binden und daran hindern, in die Zellen des Patienten einzudringen. Die Effektivität beider Möglichkeiten ist bisher zu gering für eine optimale Therapie.
Die künstlichen Andockstellen wurden bereits bei EHEC-Patienten getestet. Ein besserer Krankheitsverlauf konnte bei keinem der Patienten beobachtet werden. Ähnlich verhält es sich mit den Antikörpern, die zielgerichtet nur Shigatoxine binden. Die Effektivität der Therapie mit Antikörpern war zu gering, als dass es einen Nutzen für den Patienten haben würde.
Kurz und knackig
Du willst mehr erfahren?
Das Beste, was du bei blutigen Durchfällen machen kannst: Sofort zum Arzt gehen und abklären lassen. Fragen, welches Bakterium dahinter stecken kann. Viel trinken, auf Elektrolyte achten.