Süßungsmittel und Mikrobiom – Neue versteckte Gefahr für unser wichtiges Mikrobiom?

Trend Süßungsmittel – wir finden sie fast überall, allen voran in unseren Softdrinks. Süßungsmittel und Mikrobiom – eine gute Kombination? Was mit unseren Darmbewohnern beim Konsum von Xylitol, Erythrit etc. passiert, beleuchtet dieser Blogbeitrag.

Zuletzt aktualisiert am 4. August 2024 von Isabell

Update am 07.08.2023:
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu Sucralose wurden dem Artikel hinzugefügt.

Süßungsmittel, Süßstoffe, Zuckerersatzstoffe, Xucker, … die Liste für Alternativen zum Haushaltszucker sind lang. Fakt ist: Der Zuckerkonsum, wie wir ihn in den letzten Jahrzehnten betreiben, schadet unserer Gesundheit. Denn Industriezucker findet sich zumeist in industriell verarbeiteten Lebensmitteln. Der Trend, Fast Food zu uns zu nehmen, ist seit Jahren steigend.

Mit dem Konsum steigen Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Bei etwa 18ten Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren wurde Diabetes diagnostiziert. Das sind in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts circa 4,6 Millionen Menschen mit Diabetes. Seit der letzten Erhebung 1998 stieg dieser Wert um 2 Prozent. Weltweit ist die Situation gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern dramatisch und ebenfalls steigend.

Eine Nation, ach was, eine scheinbar komplette Welt verfettet und wird krank. Süßungsmittel und Mikrobiom – sind Süßungsmittel eine hervorragende Alternative, um Zucker einzusparen?

Firmen setzen immerhin gekonnt auf die vermeintlich positiven Aspekte der Alternativen. Wie sieht es jedoch mit unserem Mikrobiom aus? Gibt es Wechselwirkungen? Was passiert mit unseren guten Darmbakterien?

Zucker und Bakterien – eine reizende Beziehung

Die Ernährung der westlichen Länder ist geprägt durch eine Ernährung mit viel Fett und Zucker. Außerdem scheinen wir weniger Gemüse, genauer Ballaststoffe, zu uns zu nehmen. Diese Ernährungsweise führt dazu, dass die guten und schützenden Darmbakterien unseres Mikrobioms weniger vorhanden sind.

Unser Mikrobiom ist oft verschoben, sodass die schützenden Funktionen der guten Bakterien kaum ausgeprägt sind: Die Schutzbarriere unserer Darmschleimhaut ist poröser, weniger SCFA werden produziert und weniger sekundäre Gallensäuren durch die guten Bakterien gebildet.

Was aber passiert mit unseren Darmbakterien, wenn wir Zucker zu uns nehmen?

Zunächst einmal müssen wir uns den grundsätzlichen (nicht chemischen) Aufbau von Haushaltszucker angucken. Industriezucker ist aus den beiden Bausteinen Fruktose und Saccharose aufgebaut. Tückisch ist die Fruktose, steht sie doch im Verdacht, die Schutzbarriere der Darmschleimhaut zu verringern, entzündliche Reaktionen anzufachen und zur gefürchteten Insulinresistenz beizutragen.

Im Fokus für unser Mikrobiom stehen hier die angegriffene Darmbarrierefunktion und die entzündlichen Reaktionen. Sie führen beide zu einer verringerten Bakterienvielfalt. Nehmen wir zusätzlich zu wenig Ballaststoffe zu uns, wird das Bakteriensterben begünstigt. Dieses verschobene Bakteriengleichgewicht des Mikrobioms, Dysbiose genannt, fördert beispielsweise Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Diabetes Mellitus.

Darüber hinaus führt ein dauerhaft hoher Zuckerkonsum zu einem hohen Blutzuckerspiegel und zu Diabetes. Der hohe Blutzucker schädigt zusätzlich die Gefäßwände, wodurch Ablagerungen und Gerinnsel wahrscheinlicher werden.

Ein Zuviel an Zucker bringt somit viele Nachteile mit sich. Wären da Zuckerersatzstoffe eine sinnvolle Alternative, um unser Leben weiterhin auf angenehme Weise zu versüßen, ohne sich dem Risiko der Volkskrankheiten auszusetzen?

Du brauchst eine Übersicht über Süßungsmittel und Zuckersatzstoffe? Kurz und kompakt erfährst du alles Wichtige in meinem Blogbeitrag “Das ist – Süßungsmittel“.

Süßungsmittel und Mikrobiom – Welchen Einfluss haben sie?

Nehmen wir Zucker zu uns, so haben wir bereits gesehen, dass besonders der Baustein Fruktose schädlich für unseren Körper ist. Er steht im Verdacht, Entzündungen in unserem Körper voranzutreiben.

Süßungsmittel genießen einen guten Ruf, da wir Kalorien sparen und zudem unseren Blutzuckerspiegel besser im Gleichgewicht halten können. Daher ist die Hoffnung groß, dass wenn wir den Baustein Fruktose weglassen, die Entzündungen zurückgedrängt werden.

Süßstoffe wurden in den 1950er Jahren in den USA und Kanada eingeführt. Je mehr Wissen über die Süßungsmittel vorlag und neue Substanzen entdeckt wurden, umso mehr wurden sie auch in Lebensmitteln eingesetzt.

Interessanterweise scheint sich für die Süßungsmittel ein ähnlicher Trend wie für Zucker abzuzeichnen, denn die entzündlichen Darmerkrankungen steigen seit der Einführung im erheblichen Maße an, wie du in der Abbildung 2 erkennen kannst.

Süßungsmittel und Mikrobiom: seit ihrer Einführung in den USA und der Anstieg entzündlicher Darmerkrankungen
Abbildung 2: Übersicht, welche Süßungsmittel seit den 1950er-Jahren in den USA eingeführt wurden und der scheinbare Anstieg der entzündlichen Darmerkrankungen (Abbildung angepasst nach Basson et al. (2021))

Der erste Süßstoff, der im großen Maßstab genutzt wurde, war Saccharin. Du kennst ihn vermutlich als Tafelsüße oder Süßstoff im praktischen Spender. Nach und nach kamen neue Süßstoffe wie Acesulfam K oder Aspartam hinzu, die dann auch als Zusatz für Getränke und später als allgemeine Süßungsmittel für Nahrungsmittel zugelassen wurden.

Auch wenn sich diese Daten auf die USA und Kanada beziehen, sind die Süßungsmittel, die bei uns in Deutschland verwendet werden, nahezu identisch. Derzeit gibt es in Deutschland 19 durch die EU zugelassene Süßungsmittel, von denen elf zu den Süßstoffen (Aspartam, Acesulfam K, Saccharin) gehören.

Es scheint also auch bei den Süßstoffen einen Bestandteil oder eine Reaktion zu geben, die zu diesen entzündlichen Darmerkrankungen führt. Wir sollten hier aber auch im Hinterkopf behalten, dass nicht einwandfrei zwischen Entzündungen unterschieden werden kann, die durch Zucker oder durch Süßungsmittel hervorgerufen wurden. Der Anstieg kann zu einem großen Teil auch durch den massiven Anstieg des Zuckerkonsums zustande kommen.

Dennoch lohnt es sich, dass wir uns die neuesten Untersuchungen zu Süßungsmitteln und Mikrobiom angucken. So können wir (hoffentlich) besser abschätzen, wodurch dieser Anstieg zustande kommt und ob Süßungsmittel eine gute Alternative zum Zucker sind.

Literatur:

Was bedeuten diese Ergebnisse jetzt für uns(er Mikrobiom)?

Was wir festhalten können: Viele Süßstoffe werden bereits seit Jahren als Zusatzstoffe in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt. Dementsprechend nehmen wir diese Zuckerersatzstoffe mitunter schon über einen sehr langen Zeitraum zu uns.

Was die Forschung angeht, so ist die Datenlage schwierig, da die meisten Studien ausschließlich einzelnen Komponenten betrachten. Dieses Vorgehen ist richtig und wichtig, da wir keine eindeutigen Aussagen treffen können, wenn wir ein heilloses Durcheinander an Substanzen angucken.

Wir sind erst am Anfang der Mikrobiom-Untersuchungen

Wollen wir betrachten, ob die Zuckerersatzstoffe schädlich oder fördernd für unsere Gesundheit sind (und somit eine gute Alternative zum Zucker), müssen komplexe Studien durchgeführt werden. Diese müssen den Menschen als ein System betrachten, mit allen Wechselwirkungen, die eine wichtige Rolle spielen können.

Bisher ist es aber so, dass es diese Studien nicht gibt. Dazu kommen noch folgende Erkenntnisse, die die Datenlage erschweren:

Für die Süßstoffe Stevia, Sucralose, Saccharin und Acesulfam K zeigten sich erhöhte LPS-Werte, was dafür spricht, dass sich gramnegative Bakterien gut vermehren können (die nicht so hilfreich im Mikrobiom sein können). Dieses LPS kann zu Entzündungen führen und als Folge die Barrierefunktion unserer Darmschleimhaut herabsetzen.

Für einige Süßungsmittel (wie Acesulfam K) konnte sogar gezeigt werden, dass mehr bakterielle Toxine durch die Bakterien produziert werden. Wenn also beispielsweise das Mikrobiom schon verschoben ist und es sich krankmachende Bakterien gemütlich machen, können diese Giftstoffe noch zusätzlich schaden.

Derzeit sind die Langzeitwirkungen von Zuckerersatzstoffen auf unsere Gesundheit nicht eindeutig. Tierversuche, die die Wirkung dieser Stoffe auf das Mikrobiom untersuchen, zeigen in kurzen Untersuchungszeiträumen mitunter negative Einflüsse aufs Mikrobiom. Eine neue Studie aus 2024 hingegen zeigt keine Veränderung im Vergleich zur “normalen” Ernährung mit Haushaltszucker. Mehr als ein halbes Jahr lang erhielten die Mäuse die Zuckerersatzstoffe.

Eine aktuelle wissenschaftliche Studie aus den USA, die Ende Mai 2023 veröffentlicht wurde, kommt zu erschreckenden Ergebnissen: Untersuchungen mit Zellen in Zellkulturen zeigten, dass Sucralose toxisch auf die Zellen wirken. Außerdem waren die Zellen gestresst und entzündet. Dies birgt die Gefahr, dass Krebs gefördert wird, da die Darmbarriere gestört wird. Betrachten wir das Mikrobiom, so wird dieses durch Sucralose geschädigt (Schiffman et al., 2023).

Was wir machen können

Zum jetzigen Zeitpunkt können wir, aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, keine eindeutigen Aussagen darüber treffen, ob Süßungsmittel gut oder schlecht für unsere Gesundheit sind. Uns fehlen schlichtweg die Ergebnisse von Langzeituntersuchungen, um schädliche oder fördernde Eigenschaften zu definieren.

Auch wenn also viele Firmen damit werben, dass ihre Süßungsmittel besser sind als der Haushaltszucker, so sollten wir diese Aussage mit Vorsicht genießen. Wie wir auch schon in den vorherigen Mikrobiom-Beiträgen gesehen haben, helfen und fördern wir unser Mikrobiom am besten mit folgendem Verhalten:

  • möglichst viel Gemüse und Ballaststoffe essen
  • Obst in Maßen genießen
  • auf eine ausgewogene Ernährung achten
  • wann immer möglich auf Haushaltszucker und Süßungsmittel verzichten
  • den Verzehr industriell verarbeiteter Nahrungsmittel beschränken

Mikrobiom und Süßungsmittel im Überblick

Falls du dir eine eindeutige Antwort auf die Frage erhoffst, ob Süßungsmittel die Lösung für das Zuckerproblem ist, so ist die Antwort: Jein, wir müssen weitere Ergebnisse abwarten.

Was sind Süßungsmittel?

Es handelt sich um künstliche oder natürliche Ersatzstoffe für Haushaltszucker. Wir unterscheiden Süßstoffe (Aspartam, Acesulfam, Saccharin) und Zuckeraustauschstoffe (Xylit(ol), Erythrit(ol), Sorbit(ol)).

Das sind Süßstoffe

Größtenteils künstliche Stoffe (mit Ausnahme von Stevia), die eine stärkere Süße haben als normaler Haushaltszucker. Sie haben keine Kalorien, werden selten verstoffwechselt und können helfen, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Besonders charakteristisch ist der bittere Nachgeschmack, weswegen sie sehr häufig mit Aromen gemischt werden.

Wir finden sie in Softdrinks, Süßigkeiten, Kaugummis, Konfitüren, Pulvermischgetränken oder Backwaren.

Das sind Zuckeraustauschstoffe

Sind Zuckeralkohole (oder Polyole), die mit dem Zucker verwandt sind. Sie können aus Pflanzen gewonnen werden. Heutzutage werden sie chemisch oder biotechnologisch hergestellt. Sie haben etwa die Hälfte der Kalorien von Haushaltszucker und büßen auch ihre Süße ein. In hohen Mengen wirken sie abführend!

Wir finden sie in (zahnfreundlichen) Kaugummis, zuckerfreier Schokolade oder Joghurt.

Was machen diese Süßungsmittel mit unserem Mikrobiom?

Es gibt Studien, die sich einzelne Süßungsmittel näher betrachten, meist über einen kurzen Zeitraum und wenig Probanden. Bei einigen Süßstoffen verschiebt sich das Mikrobiom (Saccharin, Acesulfam K), bei anderen zeigt sich keine Veränderung (Sucralose, Aspartam).

Langzeitdaten und Untersuchungen, die den Menschen als Gesamtsystem mit möglichen Interaktionen betrachten, sind kaum vorhanden. Tierversuche zeigen teilweise negative Einflüsse auf das Mikrobiom. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine eindeutige Aussage treffen.

Was können wir machen?

Gesund ernähren! Also viel Gemüse, Ballaststoffe, Obst in Maßen essen. Auf industriell verarbeitetes Essen größtenteils verzichten. Zucker- und Süßungsmittelkonsum einschränken.

Und, noch Lust auf Süßungsmittel? Vermutlich ist es hier eher eine Frage, ob wir den Nachgeschmack mögen oder eben nicht.

Bis zum nächsten Beitrag, wenn wir uns anschauen, wie unser Mikrobiom unser Immunsystem beeinflusst.

Alles Liebe
Isabell

Weitere Literatur:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Previous Article

Rote Biotechnologie - Wie sie deine Gesundheit stärken kann

Next Article

12 von 12 im Dezember - Kälte, Lichter und ein bisschen Kreativität

Related Posts
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner