Fast 1,3 Millionen Tote 2019 weltweit, weil es keine Antibiotika gab, um die Bakterieninfektionen zu behandeln. Die Zahl der Bakterien, bei denen Antibiotika nicht mehr wirken, nimmt zu. Die resistenten Bakterien haben Strategien entwickeln, um dem eigenen Tod zu entkommen. Wie setzen Bakterien die Wirksamkeit von Antibiotika herab?
Table of Contents
- 1. Tauschen Bakterien Resistenzen aus?
- 2. Sterben alle Bakterien bei einer Antibiotika-Therapie?
- 3. Wann wirken Antibiotika nicht?
- 4. Verändern sich Bakterien, damit das Antibiotikum nicht wirkt?
- 5. Bilden Bakterien Enzyme, um Antibiotika unschädlich zu machen?
- 6. Können Bakterien die Aufnahme von Antibiotika steuern?
- 7. Kann ein Antibiotikum wegen unseres Mikrobioms schlechter wirken?
- 8. Gibt es neue Wege, mit denen Bakterien die Wirksamkeit von Antibiotika verringern?
- 9. Was kann ich machen, damit Antibiotika effektiv wirken?
1. Tauschen Bakterien Resistenzen aus?
Ja! Bakterien sind sehr gut darin, nützliche Informationen an ihre Artgenossen weiterzugeben. Es gibt drei verschiedene Arten: Transformation, Konjugation und Transduktion.
Bei der Transformation nehmen Bakterien freie DNA der Umgebung in sich auf. Ist diese nützlich, behalten sie diese Information und bauen sie in ihr Bakteriengenom ein. Bei der Konjugation werden ringförmige DNA-Moleküle, sogenannte Plasmide, zwischen Bakterien ausgetauscht. Plasmide enthalten zusätzliche Informationen, was häufig Resistenzen sind. Die dritte Variante ist die Transduktion, bei der Bakteriophagen die Resistenzgene weitergeben.
Bisher gingen Forscher davon aus, dass Resistenzen über diese drei Wege übertragen werden. Bis sie vor mehr als 10 Jahren die Vesiduktion als vierten Weg beschrieben (siehe Frage 8). Membranvesikel dienen als Vehikel für Resistenzgene und sind zusätzlich von einer schützenden Hülle umschlossen.
2. Sterben alle Bakterien bei einer Antibiotika-Therapie?
Nein. Ich möchte Bakterien nicht vermenschlichen, aber was da angeht, sind sie unglaublich “schlau”. Denn sie entwickelten verschiedene Wege, um der vernichtenden Wirkung von Antibiotika zu entgehen.
Bakteriengruppe sind mit unterschiedlichsten Eigenschaften sehr vielfältig. Auf diese Weise fällt dem Antibiotikum meist nur ein Teil der Bakteriengruppe zum Opfer. Der Rest ist beispielsweise innerhalb von Biofilmen (siehe Frage 3) oder durch zufällige Resistenzen geschützt. Stellt sich heraus, dass eine Eigenschaft nützlich zum Überleben ist, geben sie diese Resistenz innerhalb kürzester Zeit weiter.
Eine weitere Strategie ist, dass ein Teil der Bakterien in den Ruhemodus fährt. Diese Bakterien heißen Persister. Sie betreiben dann keinen Stoffwechsel mehr, weswegen einige Antibiotika nicht mehr wirken. Ist die Einnahme des Antibiotikums abgeschlossen und die Infektion scheinbar überstanden, erwachen die Persister und breiten sich ungehindert aus.
3. Wann wirken Antibiotika nicht?
Zwei mögliche Arten, warum Antibiotika nicht wirken, können falsche Antibiotika sein oder Biofilme.
Falsche Antibiotika werden eingenommen, wenn ohne genaue Diagnostik aufgrund der Erfahrung von einem Bakterientyp ausgegangen wird. Dabei kann es passieren, dass das Antibiotikum beim eigentlichen Erreger nicht wirkt oder dieser resistent gegen das Antibiotikum ist.
Bakterien können sich innerhalb von Biofilmen organisieren. Das sind komplexe Gebilde aus vielen Bakterien und einer Schutzschicht, die eine Art großen Haufen bilden. Das Antibiotikum erwischt dann nur die äußeren Bakterien, nicht aber die innenliegenden. Wird das Antibiotikum abgesetzt, vermehren sich die überlebenden Bakterien. Eine erneute Infektion ist die Folge.
4. Verändern sich Bakterien, damit das Antibiotikum nicht wirkt?
Ja! Antibiotika wirken an variierenden Strukturen des Bakteriums, zum Beispiel an bestimmten Strukturen der Zellwand. Bakterien sind in der Lage, die Strukturen aktiv zu verändern, sodass das Antibiotikum kein Angriffspunkt mehr hat. Es ist unwirksam.
5. Bilden Bakterien Enzyme, um Antibiotika unschädlich zu machen?
Ja. Und diese Enzyme beeinträchtigen die Wirksamkeit von Antibiotika. Nicht von allen, aber bei den Carbapenemen wie Meropenem gibt es die Carbapenemasen. Das sind spezielle Enzyme, die die Bakterien bilden und die dazu führen, dass das Antibiotikum zerschnitten und somit unwirksam wird.
Es gibt fünf wichtige Klassen Antibiotika-inaktivierender Enzyme, zu denen beispielsweise ß-Laktamasen gehören. Zu dieser Klasse zählen auch die Carbapenemasen. Innerhalb dieser Klasse sind mehr als 300 verschiedene Enzyme beschrieben.
6. Können Bakterien die Aufnahme von Antibiotika steuern?
Ja, auch das können Bakterien aktiv beeinflussen. Sie verschließen Pumpen, durch die normalerweise lebensnotwendige Substanzen in die Bakterienzelle strömen. Denn häufig sind diese Pumpen auch die Eintrittspforte für Antibiotika, die dann im Inneren der Bakterienzelle wirken.
Auch die andere Richtung, also dass Bakterien das Antibiotikum aktiv wieder nach draußen befördern, ist eine gängige Möglichkeit.
7. Kann ein Antibiotikum wegen unseres Mikrobioms schlechter wirken?
Sehr wahrscheinlich ja. Denn die anderen Bakterien unseres Darmmikrobioms interagieren direkt und indirekt miteinander. So können Metabolite der guten Darmbakterien auch dazu führen, dass die Wirksamkeit von Antibiotika eingeschränkt ist oder gar nicht wirken.
Viel wichtiger ist aber, dass durch die Einnahme von Antibiotika bedeutend in unser Mikrobiom eingreift. Neben den eigentlich Banausen tötet das Antibiotikum auch die guten Bakterien ab.
8. Gibt es neue Wege, mit denen Bakterien die Wirksamkeit von Antibiotika verringern?
Jein. Es ist vielmehr eine Kombination, denn Membranvesikel, die die Bakterien bilden, fungieren als Vehikel für Antibiotika-inaktivierende Enzyme. Diese Membranvesikel sind eine erste Verteidigungslinie. Sie können bereits fern des Bakteriums das Antibiotikum unschädlich machen, also noch ehe es überhaupt an die Bakterien herankommt.
9. Was kann ich machen, damit Antibiotika effektiv wirken?
Natürlich können wir nicht alles beeinflussen. Mit guten Maßnahmen tragen wir dazu bei, die Wirksamkeit von Antibiotika zu steigern:
- Wir sollten Antibiotika nur nehmen, wenn es auch wirklich sinnvoll ist. Bei einer Virusinfektion sind Antibiotika nutzlos und würden nur unnötig gute Bakterien abtöten.
- Antibiotika unbedingt so lang nehmen, wie vom Arzt verschrieben! Auch wenn die Symptome abklingen, können immer noch krankmachende Bakterien da sein (siehe Persister und Biofilm).
- Das Mikrobiom pflegen durch eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse. Denn so werden die guten Bakterien gefördert, die die pathogenen Bakterien verdrängen. Noch vor einer Infektion.
- Bei Besuchen im Krankenhaus auf eine richtig gute Handhygiene achten. Denn hier können besonders einfach Bakterien von einem Ort/Patienten zum anderen über unsere Hände transportiert werden.