Trend Süßungsmittel – Neue versteckte Gefahr für unser wichtiges Mikrobiom?

Update am 07.08.2023:
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu Sucralose wurden dem Artikel hinzugefügt.

Süßungsmittel, Süßstoffe, Zuckerersatzstoffe, Xucker, … die Liste für Alternativen zum Haushaltszucker sind lang. Fakt ist: Der Zuckerkonsum, wie wir ihn in den letzten Jahrzehnten betreiben, schadet unserer Gesundheit. Denn Industriezucker ist sehr oft in industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu finden. Der Trend, Fast Food zu uns zu nehmen, ist seit Jahren steigend.

Mit dem Konsum steigen Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Bei etwa jedem 18ten Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren wurde Diabetes diagnostiziert. Das sind in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts etwa 4,6 Millionen Menschen mit Diabetes. Dieser Wert ist seit der letzten Erhebung 1998 um 2 Prozentpunkte gestiegen. Weltweit ist die Situation gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern dramatisch und ebenfalls steigend.

Eine Nation, ach was, eine scheinbar gesamte Welt verfettet und wird krank. Sind Zuckerersatzstoffe also eine gute Alternative, um Zucker einzusparen?

Firmen setzen immerhin sehr gekonnt auf die vermeintlich positiven Aspekte der Alternativen. Wie sieht es aber mit unserem Mikrobiom aus? Gibt es Wechselwirkungen? Was passiert da eigentlich bei unseren guten Darmbakterien?

Zucker und Bakterien – eine reizende Beziehung

Die Ernährung der westlichen Länder ist geprägt durch eine Ernährung mit viel Fett und Zucker. Außerdem scheinen wir weniger Gemüse, genauer Ballaststoffe, zu uns zu nehmen. Diese Ernährungsweise führt dazu, dass die guten und schützenden Darmbakterien unseres Mikrobioms weniger vorhanden sind.

Unser Mikrobiom ist oft verschoben, sodass die schützenden Funktionen der guten Bakterien kaum ausgeprägt sind: Die Schutzbarriere unserer Darmschleimhaut ist poröser, es werden weniger SCFA produziert und weniger sekundäre Gallensäuren durch die guten Bakterien gebildet.

Was aber passiert mit unseren Darmbakterien, wenn wir Zucker zu uns nehmen?

Zunächst einmal müssen wir uns den grundsätzlichen (nicht chemischen) Aufbau von Haushaltszucker angucken. Industriezucker ist aus den beiden Bausteinen Fruktose und Saccharose aufgebaut. Besonders tückisch ist die Fruktose, steht sie doch im Verdacht, die Schutzbarriere der Darmschleimhaut zu verringern, entzündliche Reaktionen anzufachen und zur gefürchteten Insulinresistenz beizutragen.

Im Fokus für unser Mikrobiom stehen hier die angegriffene Darmbarrierefunktion und die entzündlichen Reaktionen. Sie führen beide zu einer verringerten Bakterienvielfalt. Nehmen wir zusätzlich zu wenig Ballaststoffe zu uns, wird das Bakteriensterben begünstigt. Dieses verschobene Bakteriengleichgewicht des Mikrobioms, auch Dysbiose genannt, fördert beispielsweise Erkrankungen wie Morbus Crohn oder auch Diabetes Mellitus.

Darüber hinaus führt ein dauerhaft hoher Zuckerkonsum zu einem hohen Blutzuckerspiegel und zu Diabetes. Der hohe Blutzucker schädigt zusätzlich die Gefäßwände, wodurch Ablagerungen und Gerinnsel wahrscheinlicher werden.

Ein Zuviel an Zucker bringt also ziemlich viele Nachteile mit sich. Wären da Zuckerersatzstoffe eine sinnvolle Alternative, um unser Leben weiterhin auf angenehme Weise zu versüßen, ohne sich dem Risiko der Volkskrankheiten auszusetzen?

Was sind Süßungsmittel?

Bei Süßungsmitteln müssen wir grob zwei Gruppen unterscheiden: die Süßstoffe und die Zuckeraustauschstoffe. Sie unterscheiden sich in ihrer Süßkraft und ihrer Verwandtschaft zum Zucker.

Süßstoffe: Keine Kalorien und hohe Süßkraft

Süßstoffe sind chemisch hergestellte oder natürliche Stoffe, die nicht mit dem Haushaltszucker “verwandt” sind. Sie werden bevorzugt eingesetzt, um Kalorien zu sparen. Sie versüßen unser Essen ohne zusätzliche Kalorien. Im Vergleich zum normalen Zucker ist ihre Süßkraft sogar um vieles stärker! Der Nachteil hier ist aber definitiv der Nachgeschmack, weswegen sie häufig mit Aromen versetzt werden.

Sehr wahrscheinlich sind dir Süßstoffe schon über den Weg gelaufen. Die bekanntesten, weil ältesten, unter ihnen sind Saccharin und Sucralose. Wenn du ein Fan von Süßstoff im praktischen Spender bist (z.B. Natreen), das ist Süßstoff.

Zu dieser Gruppe zählen aber auch Aspartam, Stevia, Acesulfam K oder Cyclamat. Sehr häufig werden sie in Kaugummis eingesetzt (wie Aspartam oder Acesulfam K) oder zum Süßen von Softdrinks (Stevia).

Zuckeraustauschstoffe: Alkohole der Zucker mit geringerer Süßkraft

Zuckeraustauschstoffe sind nah mit dem normalen Zucker verwandt. Bei ihnen handelt es sich um sogenannte Zuckeralkohole (oder auch Polyole), also Einfach- oder Zweifachzucker mit einer chemischen Alkoholkomponente. Im Vergleich zum normalen Zucker bringen sie weniger Kalorien mit (etwa die Hälfte), büßen dafür aber auch ihre Süßkraft ein.

Beispiel gefällig? Die meisten unter ihnen sind die neuen Verkaufsschlager im Handel, also z.B. Xylit(ol), Erythrit(ol) oder Sorbit(ol).

Welche Süßungsmittel gibt es, um Zucker zu ersetzen?
Abbildung 1: Süßungsmittel (Alternative zum Haushaltszucker) werden in Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe unterteilt (Abbildung angepasst nach Ruiz-Ojeda et al. (2019))

Warum brauchen wir Zuckerersatzstoffe?

2015 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen, dass wir weniger als 10 % unserer Gesamtenergie in Form von Zucker zu uns nehmen sollten. Um es konkreter zu machen: Das sind maximal 50 g freier Zucker pro Tag für einen Erwachsenen, wenn wir von 2.000 kcal/Tag ausgehen.

Wie viel Zucker nehmen wir aber wirklich zu uns? Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind das für

  • Frauen etwa 61 g Zucker pro Tag (14 % der Tagesgesamtenergie),
  • Männer 78 g Zucker pro Tag (13 %) und
  • für Kinder sogar stolze 17,5 % der Gesamtenergie!

Den meisten Zucker nehmen wir über Süßigkeiten und zuckerhaltige Getränke (Fruchtsäfte, Nektare, Limos) zu uns. Das Problem an der Sache ist, dass zu viel Zucker dauerhaft zu Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten wie Diabetes führen kann.

Kompakt zusammengefasst erklärt Janina Otto in ihrem Video „Zucker – die nächste Pandemie?“ den Zuckerkonsum und seine Auswirkungen.

Süßungsmittel suggerieren eine gesunde Lebensweise

Da gezuckerte Softdrinks häufig in der Kritik stehen, haben Hersteller aus ihrer Not eine Tugend gemacht. Dadurch, dass sie ihren Softdrinks nun häufiger Süßungsmittel zusetzen, werben sie mit einer gesünderen Alternative ohne Kalorien. Denn gerade Süßstoffe süßen, ohne dass wir den gefährlichen Haushaltszucker zu uns nehmen.

Zusätzlich sind Süßungsmittel günstiger, da sie bei geringeren Mengen dieselbe Süßkraft wie normaler Zucker erreichen. Da die meisten Süßungsmittel nicht wie Zucker verstoffwechselt werden, helfen sie den Blutzuckerspiegel normal zu halten.

Süßstoffe sind in vielen industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu finden

Für die Hersteller sind das ziemlich viele und gute Vorteile. So wundert es auch nicht, dass wir Süßungsmittel in den bereits genannten Softdrinks finden, aber auch in Pulvermischgetränken, Backwaren, Lebensmittelkonserven, Konfitüren, Kaugummi und sogar Gelatine.

Neben den Süßungsmitteln finden wir dann auch häufig Aromen, um den bitteren Nachgeschmack von Süßungsmitteln auszugleichen oder zumindest abzumildern (hast du schon mal ein Getränk gehabt, bei dem dieser fiese Nachgeschmack gut überdeckt wurde?)

So viel vorweg. Wollen wir uns nun mit der Frage beschäftigen, ob denn nun diese Süßungsmittel überhaupt einen Einfluss auf unser Mikrobiom haben? Sind sie eine wirklich gute Alternative zu Zucker?

Welchen Einfluss haben Süßungsmittel auf unser Mikrobiom?

Nehmen wir Zucker zu uns, so haben wir bereits gesehen, dass besonders der Baustein Fruktose schädlich für unseren Körper ist. Er steht im Verdacht, Entzündungen in unserem Körper voranzutreiben.

Süßungsmittel genießen einen guten Ruf, da wir Kalorien sparen und zudem unseren Blutzuckerspiegel besser im Gleichgewicht halten können. Daher ist die Hoffnung groß, dass wenn wir den Baustein Fruktose weglassen, die Entzündungen zurückgedrängt werden.

Süßstoffe wurden in den 1950er Jahren in den USA und Kanada eingeführt. Je mehr Wissen über die Süßungsmittel vorlag und neue Substanzen entdeckt wurden, umso mehr wurden sie auch in Lebensmitteln eingesetzt.

Interessanterweise scheint sich für die Süßungsmittel ein ähnlicher Trend wie für Zucker abzuzeichnen, denn die entzündlichen Darmerkrankungen steigen seit der Einführung im erheblichen Maße an, wie du in der Abbildung 2 erkennen kannst.

Süßungsmittel seit ihrer Einführung in den USA und der Anstieg entzündlicher Darmerkrankungen
Abbildung 2: Übersicht, welche Süßungsmittel seit den 1950er-Jahren in den USA eingeführt wurden und der scheinbare Anstieg der entzündlichen Darmerkrankungen (Abbildung angepasst nach Basson et al. (2021))

Der erste Süßstoff, der im großen Maßstab genutzt wurde, war Saccharin. Du kennst ihn vermutlich als Tafelsüße oder Süßstoff im praktischen Spender. Nach und nach kamen neue Süßstoffe wie Acesulfam K oder Aspartam hinzu, die dann auch als Zusatz für Getränke und später als allgemeine Süßungsmittel für Nahrungsmittel zugelassen wurden.

Auch wenn sich diese Daten auf die USA und Kanada beziehen, sind die Süßungsmittel, die bei uns in Deutschland verwendet werden, nahezu identisch. Derzeit gibt es in Deutschland 19 durch die EU zugelassene Süßungsmittel, von denen elf zu den Süßstoffen (Aspartam, Acesulfam K, Saccharin) gehören.

Es scheint also auch bei den Süßstoffen einen Bestandteil oder eine Reaktion zu geben, die zu diesen entzündlichen Darmerkrankungen führt. Wir sollten hier aber auch im Hinterkopf behalten, dass nicht einwandfrei zwischen Entzündungen unterschieden werden kann, die durch Zucker oder durch Süßungsmittel hervorgerufen wurden. Der Anstieg kann zu einem großen Teil auch durch den massiven Anstieg des Zuckerkonsums zustande kommen.

Dennoch lohnt es sich, dass wir uns die neuesten Untersuchungen zu Süßungsmitteln und unserem Mikrobiom angucken. So können wir (hoffentlich) besser abschätzen, wodurch dieser Anstieg zustande kommt und ob Süßungsmittel eine gute Alternative zum Zucker sind.

Literatur:

Süßstoffe – oft synthetische Süße, die selten verstoffwechselt wird

Süßstoffe, das waren die Süßungsmittel, die

  • nicht mit dem Haushaltszucker “verwandt” sind, sich ihre chemische Struktur also deutlich unterscheidet
  • sehr oft künstlich hergestellt werden (eine Ausnahme ist Stevia, das aus der Pflanze Stevia rebaudiana in Paraguay oder Portugal gewonnen wird)
  • stärker süßen als Haushaltszucker

Zu den wichtigsten unter ihnen zählen Saccharin, Aspartam, Acesulfam K und Sucralose.

Saccharin (E 954)

Ein künstlicher Stoff, der etwa 300-mal süßer als Haushaltszucker ist. Über 85 % des Saccharins werden im Dünndarm aufgenommen und binden anschließend an Plasmaproteine im Blut. Der größte Teil wird unverändert über den Urin oder den Stuhlgang ausgeschieden und wird daher nicht verstoffwechselt.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Saccharin unser Mikrobiom verschiebt. Das kommt durch seine bakteriostatische Wirkung zustande, wodurch Bakterien begünstigt werden, die ohne Sauerstoff auskommen.

Aber auch Bifidobakterien werden vermehrt gefunden, nachdem Saccharin aufgenommen wurde. Allgemein zeigt sich für Saccharin, dass Firmicuten (z.B. Laktobazillen, Faecalibacterium prausnitzii) verdrängt und Bacteroidetes (z.B. Prevotella) begünstigt werden (Sanyaolu et al.).

Wichtig ist, dass Saccharin das Mikrobiom verschiebt und somit ein Ungleichgewicht, eine Dysbiose, hervorruft. Dysbiosen können zu Erkrankungen führen.

Aspartam (E 951)

Ein weiterer, künstlicher Süßstoff ist Aspartam, mit einer 200-mal stärkeren Süße als normaler Zucker. Sehr oft ist dieser Stoff in Softdrinks und ihren Light-Varianten, aber auch in Süßwaren und Kaugummis zu finden. Durch seinen stark bitteren Nachgeschmack wird er sehr häufig mit anderen Süßungsmitteln kombiniert.

Studien haben gezeigt, dass Aspartam krebserregend sein kann, wenn der pH-Wert der Nahrung über einem Wert von 6 ist, also in den neutralen Bereich geht.

Im Körper wird Aspartam verstoffwechselt und in kleiner Bausteine (die zwei Aminosäuren Asparaginsäure und Phenylalanin, Methanol) zerlegt. Diese Stoffe erreichen nicht den Darm und stehen somit auch unseren Darmbakterien nicht zur Verfügung. Unser Mikrobiom wird nicht beeinflusst.

Diese Erkenntnis wird durch die Studie von Ahmad et al. unterstützt, in der Probanden täglich Aspartam und Sucralose zu sich nahmen. Die Menge entsprach hier der, die mit drei Getränkedosen pro Tag aufgenommen werden würde. Allerdings ist diese Studie nur als Indiz und nicht als feststehendes Ergebnis zu betrachten. Zwei große Probleme waren hier, dass insgesamt nur 17 Teilnehmer untersucht wurden und zudem eine Aufnahme der Substanzen für nur zwei Wochen betrachtet wurde.

Acesulfam K (E 950)

Acesulfam K ist wie Aspartam künstlich hergestellt, 200-mal süßer als Zucker und wird häufig Getränken und Süßigkeiten zugesetzt. Im Gegensatz zu Aspartam ist es aber hitzestabil und wird von unserem Körper nicht verstoffwechselt und daher größtenteils über den Urin wieder ausgeschieden.

Aber: Acesulfam K, häufig in Kaugummis zu finden, verändert das Mikrobiom, da die Bakterien Glukose nicht mehr verwerten können. Der Süßstoff verändert die bakteriellen Gene, die am Energiestoffwechsel beteiligt sind. Durch diese Veränderung wird auch die Bakterienvielfalt verringert, da für viele Bakterien die Nahrung nicht mehr verfügbar ist.

Die Folge: Glukose wird nicht abgebaut und ist dann verstärkt im Blut zu finden. Diese Veränderungen des Mikrobioms sind also mit Übergewicht gekoppelt.

Literatur:

Zuckeraustauschstoffe – wirken bei hohen Mengen abführend

Zuckeraustauschstoffe, das waren die Zuckeralkohole (oder Polyole), die etwa die Hälfte an Kalorien im Vergleich zu normalem Zucker haben, aber auch in ihrer Süßkraft einbüßen. Sie sind dem Zucker in ihrem Aufbau sehr ähnlich, werden aber anders verstoffwechselt. Wegen dieser Eigenschaft sind die Zuckeraustauschstoffe auch für Diabetiker geeignet.

Und es gibt noch weitere Vorteile: Sie sind sehr temperaturbeständig und können daher bei ganz unterschiedlichen Produkten eingesetzt werden. Dasselbe gilt für den pH-Wert, denn sie können sehr variabel in sauren und auch basischen Produkten genutzt werden.

Was aber bei diesen Stoffen nicht unerwähnt bleiben darf: Nehmen wir zu große Mengen zu uns, kann das zu Magen-Darm-Beschwerden, Blähungen bis hin zu Durchfällen führen.

Xylitol (E 967)

Der wohl bekannteste Zuckeraustauschstoff ist Xylitol oder umgangssprachlich Xylit (chemisch gesehen ist die Benennung nicht richtig, da es den Alkoholteil unterschlägt). Wir finden ihn etwa in zuckerfreien Kaugummis, also denjenigen, die damit werben, zahnfreundlich zu sein.

Ursprünglich wurde Xylitol aus Pflanzen gewonnen. Da dieser Stoff aber in natürlichen Mengen nur sehr gering vorhanden ist, wurde die Gewinnung mittlerweile auf die chemische oder biotechnologische Herstellung umgestellt.

Abbildung 3: Polyole oder Zuckeralkohole, die sogenannten Zuckeraustauschstoffe im Überblick (Abbildung angepasst nach Ruiz-Ojeda et al. (2019))

Bisher gibt es nur wenige Untersuchungen, was der Verzehr von Xylitol mit unserem Mikrobiom macht. Es zeigte sich, dass Bacteroidetes verringert werden (z.B. Prevotella), was zu einer Verschiebung des Gleichgewichts bei den Darmbakterien führen kann.

Andererseits konnte beobachtet werden, dass die Darmbarrierefunktion verbessert werden kann, was zumindest auf bessere Bedingungen für die Bakterien bedeutet, die unsere Darmwand reparieren, pflegen und hegen.

Die positiven Effekte sind für den Darm bisher noch nicht ganz eindeutig und allumfassend untersucht. Der direkte Einfluss auf unsere Mundflora zeigt sich da schon deutlicher. Hier kann Xylitol die Zähne remineralisieren. Außerdem wird, wenn Xylitol Kaugummis zugesetzt wird, der Speichelfluss erhöht. Bakterien haben dann Probleme, einen Biofilm zu bilden. Somit wird Karies entgegengewirkt.

Weitere Zuckeraustauschstoffe

Ebenso wie Xylitol sind alle anderen Zuckeraustauschstoffe durch die EU zugelassen (insgesamt acht Zuckeraustauschstoffe) und als sicher bewertet. Je nach Produkt können unterschiedliche Polyole eingesetzt werden.

In Kaugummis wird häufig Isomaltol eingesetzt. Bei Schokolade mit der Aufschrift “ohne Zucker” wird Maltitol verwendet. Für Lactitol und Isomaltol konnte gezeigt werden, dass Bifidobakterien und Laktobazillen bzw. Bifidobakterium allein im Wachstum gefördert wird.

Literatur:

Was bedeuten diese Ergebnisse jetzt für uns(er Mikrobiom)?

Was wir festhalten können: Viele Süßstoffe werden bereits seit Jahren als Zusatzstoffe in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt. Dementsprechend nehmen wir diese Zuckerersatzstoffe mitunter schon über einen sehr langen Zeitraum zu uns.

Was die Forschung angeht, so ist die Datenlage schwierig, da die meisten Studien ausschließlich einzelnen Komponenten betrachten. Dieses Vorgehen ist richtig und wichtig, da wir keine eindeutigen Aussagen treffen können, wenn wir ein heilloses Durcheinander an Substanzen angucken.

Wir sind erst am Anfang der Mikrobiom-Untersuchungen

Wollen wir betrachten, ob die Zuckerersatzstoffe schädlich oder fördernd für unsere Gesundheit sind (und somit eine gute Alternative zum Zucker sind), müssen komplexe Studien durchgeführt werden. Diese müssen den Menschen als ein System betrachten, mit allen Wechselwirkungen, die eine wichtige Rolle spielen können.

Bisher ist es aber so, dass es diese Studien nicht gibt. Dazu kommen noch folgende Erkenntnisse, die die Datenlage erschweren:

Für die Süßstoffe Stevia, Sucralose, Saccharin und Acesulfam K zeigten sich erhöhte LPS-Werte, was dafür spricht, dass sich gramnegative Bakterien gut vermehren können (die nicht so hilfreich im Mikrobiom sein können). Dieses LPS kann zu Entzündungen führen und als Folge die Barrierefunktion unserer Darmschleimhaut herabsetzen.

Für einige Süßungsmittel (wie Acesulfam K) konnte sogar gezeigt werden, dass mehr bakterielle Toxine durch die Bakterien produziert werden. Wenn also beispielsweise das Mikrobiom schon verschoben ist und es sich krankmachende Bakterien gemütlich machen, können diese Giftstoffe noch zusätzlich schaden.

Tierversuche, die sich mit Zuckerersatzstoffen und ihrer Wirkung auf das Mikrobiom beschäftigen und so auf den Menschen zu schließen versuchen, zeigen mitunter auch negative Einflüsse. Aber auch diese Studien haben einen Nachteil, da sie häufig nur einen extrem kurzen Zeitraum untersuchen.

Eine aktuelle wissenschaftliche Studie aus den USA, die Ende Mai 2023 veröffentlicht wurde, kommt zu erschreckenden Ergebnissen: In Untersuchungen mit Zellen in Zellkulturen wurde gezeigt, dass Sucralose toxische auf die Zellen wirken. Zusätzlich wurden Entzündungen und Stress für die Zellen nachgewiesen. Dies birgt die Gefahr, dass Krebs gefördert wird, da die intestinale Barriere gestört wird. Betrachten wir das Mikrobiom, so wird dieses durch Sucralose geschädigt (Schiffman et al., 2023).

Was wir machen können

Zum jetzigen Zeitpunkt können wir, aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, keine eindeutigen Aussagen darüber machen, ob Süßungsmittel gut oder schlecht für unsere Gesundheit sind. Uns fehlen schlichtweg einfach die Ergebnisse von Langzeituntersuchungen, um schädliche oder fördernde Eigenschaften zu definieren.

Auch wenn also viele Firmen damit werben, dass ihre Süßungsmittel besser sind als der Haushaltszucker, so sollten wir diese Aussage mit Vorsicht genießen. Wie wir auch schon in den vorherigen Mikrobiom-Beiträgen gesehen haben, helfen und fördern wir unser Mikrobiom am besten mit folgendem Verhalten:

  • möglichst viel Gemüse und Ballaststoffe essen
  • Obst in Maßen genießen
  • auf eine ausgewogene Ernährung achten
  • wann immer möglich auf Haushaltszucker und Süßungsmittel verzichten
  • den Verzehr industriell verarbeiteter Nahrungsmittel beschränken

Mikrobiom und Süßungsmittel im Überblick

Falls du dir eine eindeutige Antwort auf die Frage erhoffst, ob Süßungsmittel die Lösung für das Zuckerproblem ist, so ist die Antwort: Jein, wir müssen weitere Ergebnisse abwarten.

Was sind Süßungsmittel?

Es handelt sich um künstliche oder natürliche Ersatzstoffe für Haushaltszucker. Wir unterscheiden Süßstoffe (Aspartam, Acesulfam, Saccharin) und Zuckeraustauschstoffe (Xylit(ol), Erythrit(ol), Sorbit(ol)).

Das sind Süßstoffe

Größtenteils künstliche Stoffe (mit Ausnahme von Stevia), die eine stärkere Süße haben als normaler Haushaltszucker. Sie haben keine Kalorien, werden selten verstoffwechselt und können helfen, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Besonders charakteristisch ist der bittere Nachgeschmack, weswegen sie sehr häufig mit Aromen gemischt werden.

Wir finden sie in Softdrinks, Süßigkeiten, Kaugummis, Konfitüren, Pulvermischgetränken oder Backwaren.

Das sind Zuckeraustauschstoffe

Sind Zuckeralkohole (oder Polyole), die mit dem Zucker verwandt sind. Sie können aus Pflanzen gewonnen werden. Heutzutage werden sie chemisch oder biotechnologisch hergestellt. Sie haben etwa die Hälfte der Kalorien von Haushaltszucker und büßen auch ihre Süße ein. In hohen Mengen wirken sie abführend!

Wir finden sie in (zahnfreundlichen) Kaugummis, zuckerfreier Schokolade oder Joghurt.

Was machen diese Süßungsmittel mit unserem Mikrobiom?

Es gibt Studien, die sich einzelne Süßungsmittel näher betrachten, meist über einen kurzen Zeitraum und wenig Probanden. Bei einigen Süßstoffen verschiebt sich das Mikrobiom (Saccharin, Acesulfam K), bei anderen zeigt sich keine Veränderung (Sucralose, Aspartam).

Langzeitdaten und Untersuchungen, die den Menschen als Gesamtsystem mit möglichen Interaktionen betrachten, sind kaum vorhanden. Tierversuche zeigen teilweise negative Einflüsse auf das Mikrobiom. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine eindeutige Aussage treffen.

Was können wir machen?

Gesund ernähren! Also viel Gemüse, Ballaststoffe, Obst in Maßen essen. Auf industriell verarbeitetes Essen größtenteils verzichten. Zucker- und Süßungsmittelkonsum einschränken.

Und, noch Lust auf Süßungsmittel? Vermutlich ist es hier eher eine Frage, ob wir den Nachgeschmack mögen oder eben nicht.

Bis zum nächsten Beitrag, wenn wir uns anschauen, wie unser Mikrobiom unser Immunsystem beeinflusst.

Alles Liebe
Isabell

Weitere Literatur:

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