Die 5 W’s einer leidenschaftlichen Wissenschaftlerin

Was kann eine Wissenschaftlerin in der Infektionsforschung antreiben? Wie kann ein Weg in die Wissenschaft aussehen?
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Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2024 von Isabell

Ich bin mit Leib und Seele Wissenschaftlerin. Vielleicht keine von der klassischen Art, denn ich habe als Kind nicht an allem rum geforscht, was nicht bei Drei auf dem Baum war. Vielmehr bin ich eine Wissenschaftlerin durch Zufall und Entwicklung geworden.

Heute möchte ich einen persönlicheren Beitrag mit dir teilen – die 5 W’s meines wissenschaftlichen Werdegangs:

Wer bin ich? Warum bin ich Wissenschaftlerin geworden? Wie kam es dazu, wo ich heute bin? Was habe ich aus meiner Laufbahn mitgenommen?

WER dich hier auf diesem Blog begleitet

Vielleicht folgst du mir schon eine kleine Weile. Eventuell bist du auch erst jetzt auf meinen Blog gestoßen. So oder so: Hallo! Schön, dass du hier bist.

Ich bin Isabell und arbeite derzeit als Doktorandin und Wissenschaftlerin in der Infektionsforschung. Mein Fokus liegt auf den genialen Bakterien, die für uns zugleich Freund und Feind sein können. Die Arbeit an und mit Bakterien ist seit mehr als 10 Jahren mein Zuhause, aber dazu später mehr.

Für mich gibt es definitiv auch ein Leben außerhalb des Labors. In meiner Freizeit liebe ich es, die Welt durch die Augen meines Kindes zu sehen und mit ihm gemeinsam die Welt auf unterschiedliche Weise immer wieder neu zu entdecken.

Dabei ist kein Tag wie der andere (die Eltern unter euch werden jetzt sicherlich zustimmend nicken) und das ist auch gut so! Denn obwohl ich Struktur und Ordnung liebe, sind die immer neuen Herausforderungen das, was mich neugierig und offen für die neuen und kleinen Dinge bleiben lässt.

Mein Name taucht im Internet zudem mit meiner zweiten, großen Leidenschaft auf: der Fotografie. Sie ist mein kreativer Ausgleich und mein persönlicher Weg außerhalb der Forschung, um die Faszination der Welt, die kleinen und großen Momente für mich und andere für immer festzuhalten.

WARUM es meine Arbeiten als Wissenschaftlerin und darüber hinaus gibt

Mein Warum des Lebens kurz und knapp zusammengefasst:

Mich faszinieren die kleinen, unscheinbaren Dinge des Lebens. Ich möchte meine Fähigkeiten einsetzen, damit meine Arbeit einen direkten und indirekten Nutzen für die Menschen hat.

Mein Warum für die Fotografie

Seitdem ich Mama bin, rennt die Zeit gefühlt einfach nochmal schneller. Aus Tagen werden Wochen, dann Monate und ehe ich mich versehe, sind Jahre vergangen.

Wie war unsere Zeit, als unser Kind noch ein Baby war? Mit was hat er gespielt und was kann ich ihm für sein späteres Leben mit auf den Weg geben?

Ich merkte schnell, dass nicht nur mich diese Fragen umtreiben. Vielen Mamas, Papas, Familien geht es genau wie mir. Und ich merkte, dass ich es schaffe, die kleinen und oft unbemerkten Momente zwischen Kind und Eltern zu sehen und für immer in Bildern festzuhalten.

Wenn ich dann sehe, dass genau diese Momente und Bilder es schaffen, Menschen zu bewegen und ihnen einen kostbaren Schatz mitzugeben, dann habe ich mit meiner Leidenschaft alles richtig gemacht.

Was mein Warum für meine Forschung bedeutet

Für mein Berufsleben ist mein Warum die Arbeit in der Infektionsforschung. Mein Fokus war hier immer, dass das, was ich im Labor lerne und verstehe, direkt für die Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten eingesetzt werden kann.

So hatten meine Abschlussarbeiten für den Bachelor und Master praxisnahe Fragestellungen. Die Erkenntnisse daraus können direkt genutzt werden, um die Behandlung von EHEC-Infektionen oder Lungenentzündungen mit Pneumokokken zu verbessern.

Für meine Arbeit brauche ich einen erkenntlichen Sinn. Dass meine Erkenntnisse eingesetzt werden können, damit wir Krankheiten noch besser behandeln können. Damit wir in Zukunft die Chance haben, dass weniger Menschen unnötig leiden müssen.

Ja, das mag pathetisch oder kitschig klingen. Aber genau das ist es, was mich antreibt. Vielleicht kommt da der Optimist und Idealist in mir sehr stark zum Tragen.

WIE es dazu kam, dass ich Wissenschaftlerin wurde

Ich erwähnte es bereits: Mein Weg als Wissenschaftlerin ist zufällig entstanden.

Denn noch während meines Abis wusste ich eigentlich noch nicht so genau, was ich mit meinem Warum anfangen möchte. Ich wusste, dass ich helfen möchte. Aber wie, das war nicht ganz klar.

Unser engagierter Bio-Tutor in der Oberstufe ermöglichte es uns, dass wir unsere eigene kleine Versuchsreihe starten durften. Es ging dabei um die Auswirkung von kupferhaltigen Wasser auf das Wachstum von Pflanzen.

Zum ersten Mal machte ich mir Gedanken darüber, wie wir so ein Experiment durchführen können, was es braucht und was wir erwarteten. Mit Freude gingen wir jeden Tag ins Gewächshaus, dokumentierten das Wachstum der Kresse und welche Effekte wir durch unterschiedliche Kupferkonzentrationen im Wasser sahen.

Wir werteten die Ergebnisse aus und durften diese dann sogar in einer kleinen Veranstaltung im Phaeno in Wolfsburg präsentieren und diskutieren!

Ausbildung zur Biologielaborantin…

Zum ersten Mal kam ich mit der Arbeit im Labor in Berührung. Zu meiner Schulzeit gab es kaum Angebote, bei denen Schüler ins Labor gehen konnten oder mit anderen MINT-Bereichen außerhalb der Schule in Berührung kamen.

Nach einiger Recherche hatte ich zwei Pläne: Plan A sah vor, direkt zu studieren (Biologie wäre es zu dem Zeitpunkt gewesen), Plan B (mein Notfallplan) war eine Ausbildung zur Biologielaborantin. Aus meinem Notfallplan wurde mein eigentlicher. Heute, Jahre später, sehe ich diesen Weg als glückliche Fügung an, denn erst dadurch erkannte ich, wofür ich wirklich brenne.

Durch meine Ausbildung habe ich all mein Rüstzeug gelernt, sei es methodisch, emotional und persönlich. Auf die Sicherheit, Ruhe und Routine in meiner Arbeit kann ich bis heute bauen und hat mir so manches Mal während meines Studiums geholfen. In stressigen Situationen nicht den Kopf zu verlieren, auch wenn der Berg an Arbeit nicht bewältigbar erscheint (sehr schön siehst du das im Bild hier drunter – diese ganzen Agarplatten bedeuten einen halben Tag Diagnostik und mindestens einen weiteren halben Tag Laborarbeit, um die ganzen Tests zur Bestimmung durchzuführen).

Diagnostik von Bakterien
Diagnostik im Bakterienlabor

Dabei hatte ich das Glück, eine gute Ausbildungsstelle gefunden zu haben, bei der wir Azubis jede Menge im alltäglichen Betrieb lernen durften und unsere Arbeit wichtig war. Und es war der Punkt, an dem ich mein Herz an die Bakterien verlor 😉

Während ich als Wissenschaftlerin vor Kurzem Schülern ihre Fragen beim Format “I’m a scientist” beantwortete, wurde ich auch gefragt, ob es denn auch schöne Bakterien gibt. Und ja, die gibt es! Im Labor nutzen wir besondere Agarplatten, auf denen Bakterien ganz unterschiedlich wachsen und aussehen können. Besonders schön fand ich immer E. coli, unseren ständigen Darmbewohner.

Arbeit einer Wissenschaftlerin in der Infektionsforschung: Bakterienwachstum auf Agarplatten
Unser Darmbewohner, das Bakterium E. coli

… und weiter zum Biotechnologie-Studium

Ich merkte gegen Ende meiner Ausbildung aber auch, dass mir etwas fehlte. Ja, ich arbeite unglaublich gern im Labor. Aber ich wollte auch Experimente planen, auswerten und überlegen, was ich mit den Ergebnissen noch weiter machen kann.

Also machte ich mir Gedanken, welche Richtung am besten zu meinen Fähigkeiten passen könnte. Glücklicherweise wusste ich durch meine Ausbildung definitiv, was ich wollte und was eben nicht.

Mein Weg führte mich schließlich zur Biotechnologie, einer Mischung aus Biologiestudium mit hohem technischen Anteil. Uns wurde im Studium oft gesagt, dass wir eine vermittelnde Rolle in späteren Betrieben haben, da wir sowohl die biologische als auch die anlagenbezogene Seite verstehen.

Zugegeben, die ersten Semester waren hart. Viel Physik und Mathematik (nicht unbedingt meine Lieblingsfächer), wenig Biologie und noch weniger Labor (wenn man von einer Ausbildung kommt). Dazu die Menge an Stoff, die jedes Semester auf meinen Kopf wartete und die intensive Prüfungsphase. Ja, die kannte ich auch schon vorher, aber im Studium wurde das zur Realität im Halbjahrestakt.

Angefangen habe ich mein Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (früher auch Fachhochschule oder FH genannt), einfach, weil mein Abi-Schnitt nicht zum NC der Unis passte. Ich finde es bis heute schade, dass viel zu oft rein auf die Noten geschaut wird, aber der innere Antrieb und die Leidenschaft kaum Beachtung findet.

Bis zu diesem Zeitpunkt war ich entschlossen, dass ich meinen Bachelor mache und danach in einer Firma arbeiten werde. Ein Ergebnis des Studiums an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften, zumindest war es bei mir so.

Unterschiede zwischen Uni und Hochschule für angewandte Wissenschaften

Während meines Bachelorstudiums bin ich Mama geworden. Eine bewusste Entscheidung, denn wenn du dich für die Wissenschaft in Deutschland entscheidest, dann ist es in dem System schwer, später Mama zu werden. Viele meiner Mit-Doktorandinnen stehen gerade vor diesem Problem: Ende zwanzig/Anfang dreißig, Unsicherheit durch befristete Arbeitsverträge und keine Ahnung, wann ein Kind am besten passt.

Ein Studium mit Kind ist nicht immer leicht. Vor allem, wenn Praktika einen Großteil des Studiums ausmacht und Anwesenheitspflicht herrscht. Aber: Es ist mit Organisation und Disziplin definitiv machbar! Ich kann in Zukunft mal einen gesonderten Blogbeitrag darüber schreiben, wie ein naturwissenschaftliches Studium mit Kind funktionieren kann und wie es bei mir war.

Nach einem Jahr Elternzeit wechselte ich die Uni und studierte nun an einer Universität. Der Unterschied im Vergleich zur FH war immens: die Menge an Stoff und der Laboranteil durch Praktika deutlich höher.

Der Wechsel des Studienortes während des Bachelorstudiums war relativ einfach (da die Studiengänge dieselbe Bezeichnung hatten), aber die Ausrichtung war eine ganz andere. Als Folge wurden mir viele meiner bisherigen Studienleistungen nicht oder nur teilweise anerkannt, was mich in meinem Studienfortschritt immens zurückwarf.

Vom Wunsch, Wissenschaftlerin zu werden

Je mehr ich in meinem Studium vorankam (und ich mich entschloss, den Master anzuhängen), umso mehr wollte ich weitergehen. Das, was mich ganz zu Beginn zum Studium brachte (und ich zwischenzeitlich aus den Augen verlor), gewann nun wieder die Oberhand.

Im Master war es dann ein kleiner “Befreiungsschlag”, denn auf einmal schien alles, was ich bisher gelernt hatte, in seine Form zu fallen und Sinn zu ergeben. Die Arbeit im Labor neben meinem Studium fühlte sich einfach nur richtig an und zeigte mir zudem Möglichkeiten, die ich vorher nie in Betracht gezogen hatte.

Zum ersten Mal kam ich mit der Wissenschaftskommunikation in Berührung und erklärte Oberstufenschülern mit einer Kommilitonin, was die Biotechnologie eigentlich ist und wo wir sie in unserem Alltag finden. Es war ein schönes Gefühl, ein bisschen darüber zu erzählen, was wir in unserem Studium machen und was Wissenschaft für eine Auswirkung auf unseren Alltag haben kann.

Ich merkte aber auch, dass wenn ich mit Menschen über meine Forschungsarbeit sprach, die meisten von ihnen größtenteils negativ über Bakterien dachten. Unglaublich schade, denn gerade auch durch die Biotechnologie habe ich auch die andere, unglaublich faszinierende Seite der Bakterien kennenlernen dürfen.

Wusstest du, dass wir Bakterien nutzen, um Insulin zu produzieren? Früher mussten eine unglaubliche Menge an Schweinen (genauer ihre Bauchspeicheldrüse) herhalten, um den Bedarf an Insulin für Diabetiker zu decken. Seit den 1980er-Jahren übernehmen Bakterien diese Aufgabe und produzieren Insulin, das viel besser verträglich ist als das von Schweinen seinerzeit.

Wissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikation

Nun bin ich mitten in meiner Doktorarbeit zufrieden angekommen. Vermutlich kann ich mich nun wirklich als Wissenschaftlerin bezeichnen 😉 Bakterien waren und sind ein großer Bestandteil meiner Arbeit. Zu wissen, dass meine Doktorarbeit einen (hoffentlich) wichtigen Teil zur besseren Diagnostik von EHEC-Infektionen beitragen kann, ist ein unglaublich gutes Gefühl.

Was ich aber auch jetzt und vermutlich besonders durch die Corona-Pandemie merke, ist der Umstand, dass die Wissenschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel zu sehr in ihrem Kämmerlein vor sich hin geforscht hat.

Die wenigsten Menschen außerhalb der Wissenschaft wissen, wie das System funktioniert, wie Forschungsergebnisse entstehen und wie lang einzelne Forschungsprojekte dauern können. Um meine Forschung nach außen zu tragen und ein größeres Verständnis für Bakterien zu schaffen, habe ich Anfang des Jahres mit diesem Blog begonnen. Wenn du interessante Informationen über Bakterien in deinem Alltag aus diesem Projekt ziehen kannst, hat sich dieser Blog und seine weiteren Kanäle schon definitiv gelohnt!

Meine Forschung

Während meiner Doktorarbeit versuche ich einen neuen Schnelltest für EHEC-Infektionen zu entwickeln, um die Diagnostik zu verbessern. EHEC ist dir vielleicht vom großen Ausbruch in Norddeutschland 2011 ein Begriff.

Wusstest du, dass bei Infektionen mit EHEC kein Antibiotikum zur Behandlung gegeben werden kann? Denn durch die Gabe von Standard-Antibiotika würden wir die Erkrankung verschlimmern.

Das stellt ein ziemliches Problem dar, denn wir behandeln Bakterieninfektionen am besten mit Antibiotika.

Du kannst dir auch einfach dieses Video anschauen, in dem ich versuche, dir in drei Minuten mein Forschungsthema zu erklären – eine ziemlich sportliche Angelegenheit, zwei Jahre Forschung in drei Minuten zu erklären 😉

WAS habe ich bisher mitgenommen?

  • Eine Ausbildung kann eine grundsolide Basis für die weitere naturwissenschaftliche Laufbahn geben. Ich weiß, was ich kann und möchte.
  • Das Studium zwischen Hochschule für angewandte Wissenschaften und Universität ist unterschiedlich. Das Studium an der Universität ist noch viel stärker an einer klassischen wissenschaftlichen Karriere ausgelegt.
  • Manche Möglichkeiten (wie z.B. die Wissenschaftskommunikation) zeigen sich erst, wenn man gar nicht damit rechnet – also offen für Neues bleiben
  • Verschiedene Praktika und Nebenjobs während des Studiums helfen durch schwierige Phasen im Studium.
  • Ein naturwissenschaftliches Studium und Mama sein kann mit Organisation und Unterstützung funktionieren.

Gibt es was, was bei meiner Ausführung hier zu kurz gekommen ist? Wenn ja, dann lass es mich gern in den Kommentaren wissen 🙂

Und falls du mehr Einblicke in den Alltag einer Wissenschaftlerin brauchst, dann folge mir doch auf meinem Instagram-Kanal.

Alles Liebe
Isabell

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