Biogas: Wie aus Abfall Energie wird

Gastbeitrag_Johanna Nelkner_Biogas
Gastbeitrag von Johanna Nelkner

Gastbeitrag von Johanna Nelkner zum Thema Biogas(-anlagen) und was Bakterien damit zu tun haben


Vermutlich hast du diesen Satz hier schon häufiger auf diesem Blog gelesen: Bakterien sind unglaublich vielfältig! Da ich seit Beginn meiner Bakterienreise immer mit Infektionen zu tun hatte, ist mein Blick auf die Dinge ganz klar auf das direkte Zusammenspiel zwischen Mensch und Bakterium gerichtet.

Aber: Ich habe mir geschworen, den Blick auf die Bakterien nicht so einseitig zu lassen, sondern dir die lieben kleinen Geschöpfe in ihrer gesamten Vielfalt zu zeigen. Daher startet heute eine neue Gastbeitragsreihe: Forscher berichten, wofür wir Bakterien nutzen können

Für diese Reihe werden Gastautor*innen über ihre Forschung oder ihr ganz persönliches Bakterien-Lieblingsthema schreiben. Einzige Vorgabe: Es muss ein praktisches Thema sein, also wofür wir Bakterien ganz konkret nutzen können, um die Welt besser zu machen 😉

Für dich ist das hoffentlich auch ziemlich cool, bekommst du noch einen gaaaanz anderen Blick auf die lieben kleinen Bakterien.

Gleich im ersten Beitrag dieser Reihe erfahren wir mehr über eine praktische Anwendung von Bakterien. Kann unser Abfall auch sinnvoll sein? Und was haben Bakterien damit zu tun?


Mit einem Kilo Abfall können Biogasanlagen für den Privatgebrauch in etwa so viel Energie produzieren, um eine Stunde einen Gasherd zu betreiben. Als Nebenprodukt entsteht zudem flüssiger Dünger. 

Aber wie entsteht das Biogas eigentlich?

Grob gesagt:

Organische Biomasse + Mikroben = Biogas

Oder für Kinder ausgedrückt: Bakterien und Co. essen Müll und pupsen dann Biogas.

Komplexe mikrobielle Gemeinschaften bewerkstelligen den Abbau von organischer Biomasse zu Biogas. Biogas besteht hauptsächlich aus Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) sowie in geringeren Anteilen aus anderen Gasen. Organische Biomasse als Futter für die Mikroben sind zum Beispiel Küchenabfälle.

Landwirte und Stadtwerke haben natürlich größere Biogasanlagen. In deren großtechnischen Biogasanlagen werden auch landwirtschaftlich erzeugte nachwachsende Rohstoffe wie Mais, Gras und Zuckerrüben eingesetzt und auch Mist und Gülle von Tieren.

Biogas kann direkt verwendet oder zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden und zählt zu den klimafreundlichen erneuerbaren Energien. In Deutschland werden fast 9.000 Biogasanlagen mit 4,5 Gigawatt installierter elektrischer Leistung und etwa 1 Gigawatt thermischer Energienutzung betrieben (FNR 2017).

Wie Biogas entsteht: In vier Schritten vom Abfall zur Energie
Was passiert eigentlich genau in Biogasanlagen? In vier Schritten vom Abfall zur Energie (Abbildung: Johanna Nelkner)

Was passiert eigentlich in einer Biogasanlage?

Die Arbeit in Biogasanlagen machen Mikroben. Sie leben bereits in den „Zutaten“, der Gülle oder auf den pflanzlichen Komponenten. Der Prozess ist formal in vier Phasen unterteilt. (Die laufen aber ständig und parallel ab.)

  1. Hydrolyse/Zellulolyse komplexer organischer Verbindungen. Kohlenhydrate, Proteine und Lipide werden von verschiedenen Mikroben zu kleineren Oligomeren und Monomeren umgewandelt. 
  2. Bei der Acidogenese (Fermentation) verwandeln Mikroben diese anschließend zu den Zwischenprodukten Propionat, Butyrat, anderen kurzkettigen flüchtigen Fettsäuren (VFA) und Alkoholen. 
  3. Acetogenese nennt man die Umwandlung der primären Fermentationsprodukte zu Essigsäure, Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff (H2). 

    Die ersten drei Phasen werden ausschließlich von fermentativen Bakterien durchgeführt. Diese hydrolytischen und säurebildenden Bakterien haben u.a. so lustige Zungenbrechernamen wie: Clostridium bornimense, Herbinix hemicellulosilytica, Herbivorax saccincola, Proteiniphilum saccharofermentans, Petrimonas mucosa, Fermentimonas caenicola oder Proteiniborus indolifex.
  4. Methanogenese nennt sich der letzte entscheidende Schritt, bei dem spezialisierte Mikroben Methan (CH4) und Kohlenstoffdioxid (CO2) ausscheiden. Nur bestimmte Mikroben, nämlich methanogene Archaeen, sind in der Lage, Methan (CH4) aus den Endprodukten der bakteriellen Gärung zu synthetisieren. Sie heißen zum Beispiel Methanobacterium aggregans oder Methanosarcina flavescens. 

Die speziellen Fähigkeiten der Mikroben setzen wir Menschen für die Entwicklung nützlicher Biokonversionsprozesse ein, bei denen zellulosehaltige oder organische Abfallstoffe zur Herstellung wertvoller Endprodukte verwendet werden.

Die Erforschung der Biogas produzierenden mikrobiellen Gemeinschaften ist der Schlüssel zu neuen, innovativen und nachhaltigen Techniken. Da nimmt man auch mal in Kauf, dass das Labor nach Gülle riecht – da spreche ich aus Erfahrung.

Bakterien-Wissen für Kinder – unterstütze die Crowdfunding-Aktion von Johanna

Eine Biogasanlage ist auch eine der genialen Erfindungen mit Mikroben, die ich in meinem Bildersachbuch „Bakterien und so, die leben wo?!“ schon 3-6-Jährige anschaulich zeigen möchte. Forschergeist und Begeisterung für Mikroben bereits im Kita-Alter zu wecken – das ist meine Mission. Morgen, am 1. September 2022, startet das Crowdfunding für mein Bildersachbuch auf Startnext.

Schaut gerne mal vorbei, es gibt viele tolle Dankeschöns für Unterstützende!

Über die Gastautorin Johanna Nelkner

Wissenschaftlerin und Kinderbuchautorin Johanna Nelkner/Jane Jott

Ich bin Johanna Nelkner, habe schon an Biogas-produzierenden mikrobiellen Gemeinschaften geforscht und erforsche aktuell für meine Doktorarbeit das Ackerbodenmikrobiom für eine nachhaltige Pflanzenproduktion.

In meiner Freizeit schreibe ich unter meiner Nicht-Geheim-Identität Jane Jott Kinderbücher, am liebsten über Bakterien und so.

Du willst mehr über Johanna, ihre Forschung und ihre Arbeit als Kinderbuch-Autorin erfahren?
Dann schau doch mal auf ihrem Instagram-Kanal vorbei 🙂

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