Wie Antibiotika-Resistenzen im Labor bestimmt werden

Wie werden im Labor eigentlich Antibiotika-Resistenzen von Bakterien bestimmt? Warum sollten die Resistenzen des jeweiligen Bakteriums überhaupt bestimmt werden. Lerne hier die 3 gängigsten Tests kennen.
Beitragsbanner zur Resistenzbestimmung: Agarplatte mit Antibiotikaplättchen

Dieser Artikel erschien am 15.05.2022 und wurde am 20.10.2024 überarbeitet und aktualisiert.

Woher weiß ein Arzt, wenn du mit einer Infektion in sein Behandlungszimmer kommst, welches Antibiotikum du brauchst? Vorausgesetzt, es ist ein Bakterium, das dich krank macht und kein Virus. Denn bei Viren wirken Antibiotika nicht.

Zunächst einmal: Erfahrung und Wissen helfen ihm/ihr hier weiter. Doch das allein reicht nicht oder kann sogar zu größeren Problemen führen. Wenn wir beispielsweise mit dem falschen Antibiotikum resistente Bakterien fördern oder eine Infektion gar verschlimmern. Bakterien sind ziemlich kreativ, wenn es darum geht, der Wirkung von Antibiotika zu entgehen.

Wie aber werden diese Resistenzen von Bakterien bestimmt? Was passiert mit einer Patientenprobe, wenn sie in ein Labor geschickt wird, um die Resistenzen zu bestimmen?

Bessere Behandlung dank Wissen über das Resistenzverhalten

Stell dir also vor, du hast eine bakterielle Infektion, z.B. einer Lungenentzündung, und gehst zum Arzt. Abhängig davon, wie es dir geht, würdest du idealerweise ein bis zwei Tage warten, bis dir das optimale Antibiotikum verschrieben wird.

Der Grund: Erst wenn deine Probe in ein diagnostisches Labor und das Bakterium, der Übeltäter deiner Lungenentzündung, eindeutig bestimmt wird, kann dir das wirksamste Antibiotikum verschrieben werden. Das, was das Bakterium sicher abtötet und dir am schnellsten hilft. Die Realität sieht leider meist anders aus, denn wir Patienten wollen eine schnelle Lösung und Gelder für eine exakte Laborbestimmung sind nur selten vorgesehen. Was du bekommst: ein Breitbandantibiotikum, das gegen viele Bakterien gleichzeitig wirkt. Auch gegen deine nützlichen Bakterien…

Aber was passiert dann? Wie können wir danach genau sagen, welches Antibiotikum geeignet ist?

Das Antibiogramm: Welche Antibiotika wirken? Und welche nicht?

Um mögliche Resistenzen des Bakteriums gegenüber verschiedenen Antibiotika zu bestimmen, wird ein sogenanntes Antibiogramm angefertigt. Bei diesem werden für ein Bakterium mehrere Antibiotika gleichzeitig getestet. Was wir anschließend übersichtlich sehen, ist, welches Antibiotikum für dieses Bakterium am besten wirkt. Gleichzeitig erkennen wir auch alle Antibiotika, gegen die das Bakterium resistent ist.

Dieses Antibiogramm kann auf zwei Arten erfolgen: in Flüssigkultur oder auf Agarplatten. Mit beiden Herangehensweisen werden mehrere Antibiotika gleichzeitig getestet und die optimale Konzentration des Antibiotikums bestimmt. Der einzige Unterschied: die Durchführung und welche Methode für das Labor einfacher durchzuführen ist.

1. Die Resistenzbestimmung mit Flüssigkulturen

Für das Antibiogramm mit Flüssigkulturen, den sogenannten Mikrotiterplattentest, brauchen wir eine Platte mit vielen kleinen Vertiefungen. Diese Platte kann 6, 12, 24, 48, 96 oder sogar 384 Vertiefungen haben und wird Mikrotiterplatte genannt. Der Vorteil: Das Bakterium kann gleichzeitig gegen mehrere Antibiotika in unterschiedlichen Konzentrationen getestet werden. Allerdings ist er zeitintensiv und wenig elegant, wenn viele Bakterien, sprich Patientenproben, bearbeitet werden sollen.

Für unseren Test benötigen wir die Platte mit 96 Vertiefungen (96 Well-Platte). Mit dieser Größe lässt sich noch gut ohne Roboter arbeiten. Gleichzeitig können verschiedene Antibiotika getestet werden.

Schritt für Schritt kommen wir zum Ergebnis, der optimalen Konzentration des optimalen Antibiotikums:

  1. Zunächst brauchen wir eine Flüssigkultur unseres Bakteriums. Mit dieser beginnen wir bereits den Tag vor unserem eigentlichen Test und lassen sie über Nacht wachsen.
  2. In der 96 Well-Platte bereiten wir die Antibiotika vor, die wir untersuchen wollen. Da wir mit diesem Test die optimale Menge des Antibiotikums bestimmen können, müssen wir dieses verdünnen. Am Ende haben wir dann von jedem Antibiotikum mehrere Vertiefungen mit unterschiedlichen Mengen des Wirkstoffes.
  3. Im letzten Schritt kommen die Bakterien dazu. Die Menge an Bakterien ist dabei genau festgelegt, damit am nächsten Tag nicht zu viele Bakterien gewachsen sind.
  4. Die Platte wird in den Brutschrank bei 37 °C gestellt. Die Bakterien wachsen über Nacht.
  5. Am nächsten Tag wird geguckt, ob das Bakterium Resistenzen gegenüber Antibiotika hat. Wenn nicht, dann können wir auch gleich die optimale Menge des Antibiotikums bestimmen.
Wie das flüssige Antibiogramm im Labor durchgeführt wird

Die Ergebnisse, also welches Antibiotikum für das Bakterium am optimalsten ist, und die Konzentration werden dem Arzt für die weitere Behandlung des Patienten mitgeteilt. Sofern noch kein Antibiotikum gegeben wurde, startet nun die antibiotische Therapie. Wurde zuvor ein Breitbandantibiotikum gegeben, wird das Antibiotikum angepasst.

2. Resistenzbestimmungen auf Agarplatten

Hier werden zwei Arten unterschieden:

  • Die Gradientenmethode, z. B. der E-Test, oder
  • der Agardiffusionstest mit Antibiotika-getränkten Filterplättchen

Mit der Gradientenmethode können wir, wie beim Flüssigtest, die optimale Konzentration eines Antibiotikums bestimmen. Mit dem Agardiffusionstest werden mehrere Antibiotika gleichzeitig getestet, aber er erlaubt nur eine Aussage, ob das Bakterium gegen das jeweilige Antibiotikum resistent oder sensibel ist.

Antibiogramme auf Agarplatten werden ähnlich durchgeführt: Auf eine Agarplatte wird neben dem Bakterium entweder mehrere Filterplättchen mit jeweils einem Antibiotikum (Agardiffusionstest, A) oder ein Streifen mit einem Antibiotikum in unterschiedlicher Konzentration (E-Test, B) aufgebracht. Nach etwa einem Tag im Brutschrank wissen wir, welches Antibiotikum wirkt. Die Abbildung wurde mit BioRender.com erstellt.

Der E-Test

Bei der Gradientenmethode nutzen wir einen Filterstreifen. Dieser Streifen enthält das Antibiotikum in verschiedenen Konzentrationen. Von oben nach unten nimmt die Konzentration des Antibiotikums immer weiter ab, bis ganz unten kaum noch Antibiotikum vorhanden ist. Wachsen dann die Bakterien, können wir direkt sehen, ob ein Bakterium resistent ist.

Bestimmung der Resistenz: E-Test

Das Bild oben zeigt diesen E-Test, mit dem Antibiotikum-Streifen in der Mitte der Agarplatte. Die Zahlen geben die Konzentration des Antibiotikums an. Die klare Zone um den Streifen in Ellipsen-Form zeigt den Agar. Hier sind keine Bakterien gewachsen.

Die Ellipse wird von einem gelblichen „Teppich“ umgeben, was wir Bakterienrasen nennen. Also ganz viele Bakterienkolonien nebeneinander. Ungefähr so wie viele Fußballfans im Stadion. Von Weitem sieht es wie ein Menschenmeer aus. Erst bei genauerem Hinsehen würde auffallen, dass dieses Meer aus vielen einzelnen Menschen besteht.

Für dieses Bakterium hier können wir sagen, dass wir mindestens eine Konzentration von 2 Mikrogramm pro Milliliter des Antibiotikums benötigen, um das Bakterium am sichtbaren Wachsen zu hindern. Dieser Wert wird die minimale Hemmkonzentration (MHK) genannt.

Der Agardiffusionstest

Die andere Methode ist der Agardiffusionstest, der von der Durchführung sehr ähnlich zum E-Test ist. Lediglich die Form, wie das Antibiotikum auf die Agarplatte kommt, ist anders. Bei diesem Test können wir keine konkrete Konzentration des Antibiotikums bestimmen, da wir das Antibiotikum in nur einer Konzentration im Filterplättchen auf die Agarplatte legen. Vielmehr geht es hier darum, viele Antibiotika gleichzeitig zu testen, um einen Überblick über alle Resistenzen zu bekommen.

Resistenzbestimmung: Agardiffusionstest
Auf die Agarplatte werden kleine, runde Filterplättchen aufgelegt, die mit einem Antibiotikum getränkt sind. Jedes dieser Plättchen steht für ein anderes Antibiotikum. Das Bakterium ist gegenüber zwei Antibiotika resistent (oben und Mitte rechts), da sie bis an das Plättchen gewachsen sind. Das Antibiotikum hat bei diesem Bakterium nicht gewirkt.

Für die anderen Plättchen sehen wir klare, runde Zonen um die Plättchen. Das sind die sogenannten Hemmhöfe, in denen keine Bakterien wachsen. Diese können, je nach Wirkstoff, unterschiedlich groß sein. Je größer dieser Hemmhof ist, umso besser wirkt das Antibiotikum.

Die Plättchen können entweder einzeln mit einer Pinzette auf die Agarplatte gelegt werden. Alternativ kann dafür auch ein Stempel genutzt werden. Das ist ein mechanisches Gerät, in dem an verschiedenen Stellen die Antibiotika-Plättchen im Gerät platziert und dann mit einem Stempeldruck nach unten alle Plättchen mit einem Mal auf der Agarplatte platziert werden.

Kurz gesagt

Drei gängige Methoden (Mikrotiterplattentest, E-Test und Agardiffusionstest) werden genutzt, um die Resistenz von Bakterien gegenüber Antibiotika zu bestimmen. Wenn wir wissen, welches Antibiotikum für das Bakterium, das eine Erkrankung auslöst, am besten wirkt, wird dem Patienten bestmöglich geholfen.

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Alles Liebe
Isabell

Quellen

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