Wie Toxine mit diesen 5 praktischen Labormethoden nachgewiesen werden

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Zuletzt aktualisiert am 10. Februar 2024 von Isabell

Wir kommen häufiger mit bakteriellen Toxinen in Kontakt, als du vielleicht vermutest. Der Übeltäter hinter vielen Lebensmittelinfektionen sind Toxine, die von Bakterien gebildet werden. Dazu gehören zum Beispiel Infektionen mit Clostridium botulinum (Botulismus) oder Staphylococcus aureus (unser alter Bekannter…).

Auch wenn es noch einiges über Toxine zu berichten gibt, endet unsere Reise heute vorerst mit diesem Thema: Wie werden Toxine eigentlich im Labor nachgewiesen? Dieser Nachweis ist nämlich unglaublich wichtig, um eine Diagnose stellen zu können.

Toxine nachweisen – Warum eigentlich?

Eine ganze Reihe von bakteriellen Infektionskrankheiten werden durch Toxine verstärkt. Dazu zählen Scharlach, Cholera, Milzbrand oder Tetanus. Aber auch Lebensmittelinfektionen wie etwa Botulismus oder EHEC. Bei 4 der 9 häufigsten Bakterieninfektionen in Deutschland sind Toxine beteiligt.

Normalerweise werden die Bakterien im Diagnostik-Labor nachgewiesen. In vielen Fällen ist das bereits ausreichend (plus zusätzlich bestimmte Eigenschaften, sogenannte Marker). Doch gerade bei Erkrankungen, bei denen Toxine eine tragende Rolle spielen und bereits geringste Menge ausreichen, ist der Toxin-Nachweis wichtig.

Warum? Weil Toxine “nur” schlimm werden, wenn sie auch wirklich vom Bakterium gebildet werden und aktiv sind. Toxine können auf fünf verschiedenen Wegen der Wirtszelle Schaden zufügen. Und das ist nur möglich, wenn sie auch wirklich arbeiten.

Die zwei Arten von Toxinen – Endo- und Exotoxine

Neben den fünf verschiedenen Toxin-Gruppen gibt es noch eine weitere Einteilung der Toxine: Es gibt Endo- und Exotoxine.

Endotoxine, z.B. LPS

Endotoxine, das sind Lipopolysaccharide, kurz LPS, die auf der äußeren Membran gramnegativer Bakterien zu finden sind. Unter Lipopolysacchariden verstehen wir Strukturen, die aus Fetten und verschiedenen Zuckern bestehen.

Bakterien nutzen LPS, um mit der Wirtszelle anzubandeln oder Biofilme auszubilden. Unser Körper nutzt die LPS, um Bakterien als fremd zu erkennen. Unser Immunsystem wird aktiv. Ein typisches Symptom, wenn unser Immunsystem durch LPS aktiviert wurde, ist Fieber.

Endotoxine befinden sich die gesamte Zeit auf der Oberfläche der Bakterien. Nur, wenn diese zerstört, sprich lysiert, werden, ist die LPS frei zugänglich.

Exotoxine, z.B. TSST oder Shigatoxin

Es gibt aber auch Toxine, die durch die Bakterien produziert und anschließend freigesetzt werden. Solche Toxine werden Exotoxine genannt. Im Vergleich zu Endotoxinen sind sie toxischer.

2013 wurden etwa 16 % der Ausbrüche von Lebensmittelinfektionen in der Europäischen Union durch bakterielle Exotoxine verursacht.

Ein uns bereits gut bekannter Vertreter von Exotoxinen wird vom Bakterium Staphylococcus aureus gebildet. Dazu gehören das Toxic Shock Syndrome Toxin (TSST) und Enterotoxine. Letztere lösen Durchfallerkrankungen mit Schwindel, Erbrechen und Bauchkrämpfen aus.

Wie werden Toxine im Labor nachgewiesen?

So, jetzt aber mal Butter bei die Fische: Wie werden diese Toxine denn jetzt im Labor nachgewiesen? Vermutlich hast du es schon geahnt: Es wird praktisch! Dabei soll dieser Beitrag einen groben Überblick über gängige Labormethoden geben.

Bei der Vielzahl der Bakterien und Toxine wird es aber immer noch zusätzliche Methoden geben, die von einzelnen Laboren genutzt werden oder auch gerade erforscht werden. Die einzelnen Methoden werden auch nicht im Detail erklärt – dafür habe ich bei den meisten Methoden Videos verlinkt, die das Prinzip dahinter erklären.

Methode 1a – Biologische Tests für Exotoxine

Wie bereits erwähnt: Toxine sind dann gefährlich, wenn sie auch wirklich gebildet wurden und ihr Potential in der Wirtszelle entwickeln.

Deswegen waren die ersten Tests zum Nachweis von Toxinen auf Zellen/Zellkulturen oder auch Versuchstiere angewiesen. Mit diesen Methoden können bereits kleinste Mengen des Toxins detektiert werden.

Forscher versuchen seit Jahrzehnten, geeignete Alternativen besonders für Tierversuche zu entwickeln. Und auch wenn die Methoden gerade in den letzten Jahren deutlich verbessert wurden, ist der Nachweis des Toxins auch heute noch in einigen Fällen notwendig.

Zum Beispiel bei Botulismus. Dies ist eine typische Lebensmittelinfektion, die bei Babys, aber auch bei Erwachsenen einen schweren Verlauf nehmen kann. Bereits kleinste Mengen reichen hier aus, dass Lähmungserscheinungen auftreten. Und oft sind diese Lähmungen nicht eindeutig, Tests und auch die Therapie schlagen nicht an. Dann sind solche Tierversuche die letzte Chance, um das Leben zu retten.

Eine bereits gut etablierte Alternative sind Zellen, die in Plastikgefäßen „gezüchtet“ werden. Diese sogenannten Zellkulturen wurden einmal aus zum Beispiel Leber- oder Nierenzellen entnommen. Anschließend können dann aus ganz wenigen Zellen immer wieder viele neue gezogen werden, ohne dass Tiere sterben müssen.

(Video folgt 😉 )

Zum Nachweis des Shigatoxins, das bei EHEC-Erkrankungen vorkommt, wird ein Verozell-Zytotoxizitätstest genutzt. Dabei werden die Zellen in einer Zellkulturflasche kultiviert und anschließend mit dem Toxin infiziert.

Ist Toxin vorhanden, wird dieses von den Zellen aufgenommen und sterben ab. Je mehr Toxin also vorhanden ist, umso weniger Zellen überleben. Nach 24 – 48 Stunden erhält man in der Regel ein Testergebnis.

Methode 1b – Biologischer Test für Endotoxine

Auch für Endotoxine gibt es biologische Tests. Ein Beispiel hierfür ist der LAL-Test (Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test).

Limulus = Pfeilschwanzkrebs

Amöbozyten = Blutzellen des Pfeilschwanzkrebses

Lysat = Produkt der zerstörten Blutzellen

Die Blutzellen des Pfeilschwanzkrebses enthalten ein Protein, das auf Endotoxine reagiert bzw. als Folge aktiviert wird. Diese Aktivität kann dann in dem LAL-Test bestimmt werden.

Methode 2 – Immunologische Tests

Toxine sind, wie die Bakterien, ein Fremdstoff, der von unserem Körper erkannt wird. Somit können wir Toxine auch als Antigene bezeichnen. Unser Körper wird als Antwort auf diese Antigene Antikörper bilden.

Antikörper, das sind genau auf die Antigene passend hergestellte Moleküle, mit denen unser Körper eine Infektion klärt. Antikörper haben (hoffentlich) genau einen passenden Partner. Daher können sie im Labor wunderbar genutzt werden, um ganz zielgerichtet Antigene, sprich Toxine, nachzuweisen.

Diese Beziehung zwischen Antigen-Antikörper wird bei immunologischen Tests genutzt. Sie gehen eine starke Bindung ein. Und diese Bindung kann dann auf unterschiedliche Weise sichtbar gemacht werden.

Nachweis von Toxinen mithilfe von Antikörpern

Beim Ouchterlony-Test wird diese Bindung auf einer Agarplatte durch einen weißen Streifen sichtbar. Hier passen das untersuchte Antigen (das Toxin) und der Antikörper zusammen. Die untersuchte Probe ist also positiv auf die Krankheit getestet worden.

Der RPLA (das steht für Reverse Passive Latex Agglutination) nutzt die Eigenschaft, dass Antikörper und Antigene zusammenklumpen können. Dafür werden die Antikörper auf kleine Kügelchen aufgebracht. Zu diesen mit Antikörper-überzogenen Kügelchen wird nun die Probe gegeben.

Ist das Toxin vorhanden, wird es von mehreren Antikörpern erkannt und es entsteht ein wildes Durcheinander von Antikörpern, die sich um ein Antigen “prügeln”. Quasi eine Massenschlägerei 😉

Eine dritte und weit verbreitete Möglichkeit ist der ELISA (Enzyme linked immunosorbent assay). Hier werden ebenfalls die Antikörper genutzt, um das Toxin in einer Reaktionsplatte nachzuweisen. Mithilfe eines weiteren Antikörpers mit Farbstoff kann dann die Antigen/Antikörper-Bindung sichtbar gemacht werden.

Methode 3 – Nachweis des Toxin-Gewichts

Die meisten Toxine sind bereits sehr gut untersucht. Daher wissen Forscher und Labormitarbeiter genau das Gewicht (genauer das Molekulargewicht) des Toxins.

Diese Information kann genutzt werden, um das Toxin nur aufgrund dieses Wertes nachzuweisen. Dafür wird die Probe in einem besonderen Gerät in die einzelnen Bestandteile aufgetrennt. Von jedem Bestandteil wird das Gewicht bestimmt.

Ist der passende Wert für unser Toxin dabei, ist die Probe positiv. Tests, die diese Methode nutzen, sind z.B. Untersuchungen mit dem MALDI-TOF LC-MS.

Methode 4 – die PCR

Eine wirklich klassische Methode ist die PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Mit der PCR wird aber kein aktives Toxin, sondern nur das Gen im Bakterium nachgewiesen. Aber: Nur weil das Gen vorhanden ist, heißt das noch lange nicht, dass das Toxin auch wirklich gebildet wird!

Manchmal gibt es aber noch keinen geeigneten Test oder solche, die gut genug für einen Nachweis sind. Dann ist dieser Nachweis immerhin noch besser, als gar keinen Anhaltspunkt zu haben.

Ein PCR-Ergebnis sagt in der Regel innerhalb eines Tages, ob eine Probe positiv oder negativ ist. Im Falle der Echtzeit-PCR (RT-PCR), wie wir sie von der Corona-Diagnostik kennen, ist das Ergebnis sogar innerhalb von Stunden verfügbar!

Methode 5 – Biosensor-Tests

Biosensoren sind besondere Mess”instrumente”, die Änderungen wiedergeben. Sie bestehen aus einem biologischen Teil (das kann ein Antikörper oder DNA sein) und einem physikalischen Sensor, der als Überträger agiert.

Der Überträger, der die Änderung mitteilt, kann elektrochemisch, optisch, magnetisch sein oder auch einen Farbumschlag erzeugen oder über die Masse funktionieren.

Ein Beispiel ist hier die sogenannte Oberflächenplasmonresonanzspektroskopie (SPR von engl. Surface Plasmon Resonance). Der Antikörper ist auf einer Oberfläche gebunden und hat ein bestimmtes Gewicht. Bei dem Test wird auf Veränderungen der Oberfläche überprüft und gemessen.

Änderungen der Oberfläche könne zum Beispiel dadurch entstehen, dass an dem Antikörper auf der Oberfläche ein Antigen bindet. Folglich werden Antikörper und Antigen gemeinsam schwerer sein als der Antikörper allein. Ein Antigen kann binden, wenn über die Oberfläche die Probe gespült wird.

Dieses Mehr an Gewicht verändert die Oberfläche und wird erneut gemessen. Auf diese Weise kann mit einem Messgerät überprüft werden, ob eine Probe das Toxin enthält.

Alles im Überblick

  • Es gibt zwei Typen von Toxinen: Endo- und Exotoxine
    • Endotoxine wie LPS sind auf der äußeren Membran gramnegativer Bakterien und werden nicht freigesetzt – außer, das Bakterium stirbt
    • Exotoxine werden vom Bakterium gebildet und freigesetzt
  • zum Nachweis von Toxinen werden unterschiedliche Tests genutzt
    • Methode 1: biologische Tests, die aktives und tatsächlich vorhandenes Toxin mit Zellen oder Versuchstieren nachweisen; für Endotoxine werden die Blutzellen des Pfeilschwanzkrebses genutzt
    • Methode 2: Immunologische Tests nutzen Antikörper zum Nachweis; Antigene und Antikörper gehen, wenn sie zusammenpassen, eine starke Bindung ein; diese Bindung wird durch die Tests sichtbar gemacht
    • Methode 3: Nachweis des Toxin-Gewichts
    • Methode 4: PCR zum Nachweis des Toxin-Gens; ein Gen heißt aber nicht, dass auch wirklich Toxin gebildet wurde
    • Methode 5: Biosensoren; sie sind aus einer biologischen und physikalischen Komponente aufgebaut

Wenn in Zukunft nochmal das Thema “Bakterielle Toxine” aufgegriffen wird, was würde dich daran noch interessieren? Bist du vielleicht über Beispiele gestolpert, über die du gern mehr wüsstest?

Das nächste große Thema werden die Bakterien in unserem Darm sein – genauer gesagt das “Darmmikrobiom”. Was weißt du schon darüber oder was würde dich hier interessieren? Schreib es gern in die Kommentare, damit ich deine Frage mit aufnehmen und beantworten kann 🙂

Alles Liebe
Isabell

Literatur:

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