Einblicke: Diagnostik von Bakterieninfektionen

Wie werden bakterielle Infektionen im Labor diagnostiziert? Was passiert mit den Patientenproben? Einen kleinen Einblick findest du hier.
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Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2024 von Isabell

Was passiert mit der Probe eines Patienten, der vielleicht eine Bakterieninfektion hat? Also was bei der Diagnostik des Infektionserregers passiert?

Stellen wir uns mal vor, dass es eine Gartenparty im Hochsommer mit Büffet gab. Natürlich waren die Speisen (besonders der Milch- und eihaltige Speisen) nicht durchgängig gekühlt. Was passiert?

Am Abend oder auch am nächsten Tag fühlen sich einige der Partygäste nicht besonders wohl. Sie klagen über Kopfschmerzen, ihnen ist übel, einige übergeben sich sogar und haben Fieber. Alle Betroffenen haben einen wirklich unangenehmen Durchfall.

Gerade, wenn viele Gäste betroffen sind, liegt der Verdacht nahe, dass der Auslöser eine Speise war. Je nachdem, wie stark die Symptome ausgebildet sind (und meist auch bei fieberhaften Durchfällen) und wie lang die Erkrankung andauert, wird durch den Arzt eine mikrobiologische Untersuchung angeordnet.

Dann ist es essentiell, dass die Arzthelfer*innen vom Erkrankten eine frische Stuhlprobe an ein dafür ausgelegtes Labor zur Untersuchung schicken. Je nach Erkrankung können auch andere Proben zur Untersuchung eingesandt werden. Dazu zählen z. B. Blutproben, Tupferproben (z. B. Abstriche von Wunden) oder Urinproben. Es gibt aber auch Erkrankungen, da ist die Entnahme der Flüssigkeit des zentralen Nervensystems (Liquor) oder der Auswurf beim Husten wichtig.

Wie läuft die Diagnostik von Proben ab?

Die Patientenproben werden nach der Entnahme zum Labor geschickt. Dort angekommen, werden die Proben dann in einem mikrobiologischen Labor bearbeitet. Ziel ist es, das Bakterium zu bestimmen, dass für die Erkrankung verantwortlich ist.

Das Bild zeigt ein mikrobiologisches Labor. Natürlich ist die Ausstattung eines jeden Labors immer etwas unterschiedlich und auch, wie die Geräte angeordnet sind. “Meine” Labore sahen persönlich auch immer ein bisschen anders aus.

In dem Bild kannst du über die einzelnen Plus-Zeichen gehen und erfahren, was die einzelnen Gegenstände sind und wofür sie gebraucht werden.

Im Folgenden wollen wir einmal eine Probe eines erkrankten Patienten untersuchen und das Bakterium bestimmen, dass für die Krankheit verantwortlich ist (Diagnostik). Dafür gehen wir die einzelnen “Stationen” Schritt für Schritt durch.

Diagnostik – Schritt 1: Die Anzucht von Bakterien

Zunächst müssen wir die potentiellen Krankheitserreger vom Probenmaterial bekommen und vermehren. Bei schweren Infektionen kann es sein, dass eine hohe Erregerlast vorliegt. Das ist aber nicht immer der Fall. Deswegen brauchen wir die Bakterien der Probe in größerer Menge im Labor, um weitere Untersuchungen durchführen zu können.

Die Kultivierung von Bakterien ist immer ein wichtiger Punkt für den Nachweis dieser. Hier kommt es immer auch auf das Probenmaterial an, in welchem Medium Bakterien im Labor vermehrt werden.

Wir unterscheiden hier zwei Arten der Kultivierung: die Agarplatten und im Flüssigmedium. Die Kultivierung erfolgt meist über Nacht bei 37 °C. Das ist die Temperatur, bei der sich die meisten Krankheitserreger bei uns im Körper wohlfühlen. Die Kultivierungsmedien sind Medien, bei denen die meisten Krankheitserreger wachsen können und “aufgepeppelt” werden, damit wir die Möglichkeit haben, sie zu vermehren.

Gibt es durch den Arzt einen Verdacht für einen speziellen Krankheitserreger, so wird dieser Verdacht an das Labor übermittelt. Dann kann es wichtig sein, dass zusätzlich eine Kultivierung bei einer anderen Temperatur oder einem anderen Medium notwendig wird.

Schritt 2: Beurteilung der Agarplatten

Sofern unsere Probe auf einer Agarplatte ausgestrichen wurde, können größtenteils bereits am nächsten Tag die Kolonien beurteilt werden. Kolonien, das sind Zusammenlagerungen ganz vieler Bakterien, die wir dann mit dem Auge als Gesamtheit erkennen können.

Für jede Bakterienart gibt es meist sehr spezifische Erscheinungsformen. So gibt es Bakterienarten, die immer gelblich in kleinen Kolonien wachsen oder weißlich in sehr großen, “flatschigen” Kolonien. Es gibt auch Bakterien, die rötliche Kolonien ausbilden oder welche, die einen ganz charakteristischen Geruch haben.

Diese Merkmale sind natürlich nicht der einzige Grund für eine Beurteilung in der Diagnostik. Aber gerade am Anfang hat der Labor-Mitarbeiter einen ersten Verdacht. Auch kann er sehen, ob die Kultur auf der Agarplatte rein ist, also nur eine Bakterienart vorliegt. Dann sprechen wir von einer Reinkultur.

Oft ist es aber so, dass die Proben mit vielen Bakterienarten daher kommen. Dann ist es nötig, eine weitere Kultur anzulegen (Subkultur), um jede Bakterienart für sich auf einer Agarplatte vermehren zu können.

Schritt 3: Mikroskopische Untersuchungen

Der nächste Schritt ist die mikroskopische Untersuchung der Einzelkolonien (die hoffentlich rein sind). Die Standard-Färbung ist hier die Gram-Färbung, bei der wir zwischen grampositiven und gramnegativen Bakterien unterscheiden können.

Diese Einteilung ist schon mal sehr hilfreich. Wie wir bereits beim Aussehen der Bakterien gelernt haben, gibt es Bakterien, die sich ganz speziell zusammenlagern. So lagern sich die Staphylokokken als Haufen zusammen oder Streptokokken in Kettenform. Diese Erscheinungen können wir unter dem Mikroskop sehen und fließen in die Erregerbestimmung mit ein.

Für andere Erreger gibt es auch noch andere Färbemethoden. Bei Verdacht auf Mykobakterien zum Beispiel wird die Kinyoun-Färbung angewendet.

Zusätzlich: Biochemische Schnelltests

Früher war es wichtig, die Bakterien anhand ihrer Stoffwechseleigenschaften einzuordnen. Im Labor werden dabei eine ganze Reihe verschiedener Reaktionen untersucht, die entweder bestimmte Enzyme oder Stoffwechselprodukte nachweisen.

Diese Untersuchungen nennt man “Bunte Reihe”, da die einzelnen Röhrchen im Laufe der Kultivierung (wenn die Bakterien wachsen und die Reaktionen stattfinden) ganz unterschiedliche Farben ausbilden.

Früher wurde jeder Schnelltest in einem eigenen Glasröhrchen durchgeführt. Heutzutage gibt es die bunte Reihe für Labore zu kaufen und die Durchführung ist insgesamt einfacher und schneller. Zu Beginn wird aus Einzelkolonien in einer Flüssigkeit eine Bakterienlösung hergestellt. Diese Bakterienlösung wird dann in jedes einzelne kleine Röhrchen gegeben (da sind dann noch alle Röhrchen farblos) und über Nacht bei z. B. 37 °C bebrütet.

Diagnostischer biochemischer Schnelltest von BioMeriéux
Biochemischer Schnelltest zur Diagnostik von Bakterien (Quelle: BioMeriéux)

Am nächsten Tag kann die Reihe dann ausgewertet werden. Je nachdem, ob die Röhrchen positiv (Reaktion hat stattgefunden) oder negativ (Reaktion hat nicht stattgefunden) sind, ergibt sich eine ganz spezielle Plus-/Minus-Reihenfolge, die dann in einem Handbuch nachgeschaut werden kann. Idealerweise kann mithilfe dieses Codes eindeutig ein Bakterium bestimmt werden.

Schritt 4: Die PCR – Heutzutage der Goldstandard zum Nachweis von Bakterien

Verbreiteter in der Diagnostik ist heute aber die PCR. Diese kennst du vermutlich mittlerweile durch die Corona-Tests, die im Labor bearbeitet werden. Diese PCR hat für ganze viele verschiedene Bakterien und Viren genutzt werden.

Jedes Bakterium hat nämlich Eigenschaften, die für dieses ganz eindeutig sind. Diese Eigenschaften werden genutzt, um die bestimmte Information im Bakterium (das in der Probe vorhanden ist) zu finden und zu vermehren.

Ist das Bakterium vorhanden, so kann diese spezielle Information stark während der PCR vermehrt werden. Die Probe wird in der PCR positiv. Sollte das Bakterium aber nicht vorhanden sein, dann kann diese Information nicht vermehrt werden und es erscheint kein Signal; die Probe ist negativ.

PCR zur schnellen Identifikation von Bakterien

Früher wurde die PCR in einem PCR-Gerät in kleinen Reaktionsgefäßen durchgeführt und anschließend auf ein Agarose-Gel aufgetragen. Unter UV-Licht konnten dann Banden sichtbar werden, wenn das Bakterium vorhanden war (siehe obere Reihe ganz rechts – das Gel mit den Zahlen 1 bis 4).

Wenn wir heute eine PCR durchführen, brauchen wir oft gar keine Gelelektrophorese mehr. Somit wird die Diagnostik schneller. Wir haben auch kein Agarose-Gel mehr, auf dem wir die Banden erkennen. Bei der Real time-PCR (= RT-PCR) haben wir nur noch das PCR-Gerät. In Echtzeit können wir im Labor verfolgen, ob die bestimmte DNA im Gerät vermehrt wird. Dann bekommen wir eine Kurve, die nach oben ansteigt (siehe rote Kurve). Diese PCR wird auch bei den Corona-Tests im Labor verwendet.

Schritt 5a: Der Nachweis von Antigenen mittels ELISA

Es gibt auch Bakterien, die bestimmte Giftstoffe (sog. Toxine) produzieren. Das sind dann Antigene, auf die der Körper reagiert. Diese Toxine sind dann oft für den schlechten Verlauf einer Erkrankung verantwortlich (z. B. bei EHEC-Infektionen). Dieses gebildete Toxin kann ebenfalls im Labor als besondere Eigenschaft bestimmter Bakterien nachgewiesen werden.

Mit speziellen Antikörper,n die an das Toxin binden können, weisen wir vorhandene Antigene nach. Mit einem Stoff, der durch ein weiteres Toxin zu einem Farbstoff umgesetzt wird, können wir mit dem bloßen Auge erkennen, ob in einer Probe das Toxin vorhanden war.

Schritt 5b: Antibiotika-Testung – das Antibiogramm

Bei vielen bakteriellen Erkrankungen ist eine Therapie mit Antibiotika wichtig. Im Idealfall und um Resistenzen zu vermeiden, wird vor der Antibiotika-Gabe geschaut, welches Antibiotikum beim Krankheitserreger am besten wirkt. Dann ist die Therapie optimal auf den speziellen Erreger ausgerichtet.

Im Labor wird eine Bakterienlösung hergestellt (also Bakterien werden in Wasser “eingerieben”). Diese Bakterienlösung wird dann auf einer Agarplatte ausgegossen und mit einem Spatel auf der gesamten Agarfläche verrieben. Die Bakterien wachsen dann großflächig als sog. Bakterienrasen.

Anschließend werden kleine runde Filterpapiere, die mit jeweils einem Antibiotikum getränkt sind, auf die Agarplatte gelegt und dann bei 37 °C kultiviert.

Am nächsten Tag entstehen um das Antibiotika-Plättchen entweder eine Zone, in der keine Bakterien wachsen (das Antibiotikum wirkt also) oder keine Zone ist sichtbar (das Antibiotikum wirkt nicht). Das Antibiogramm zeigt, gegen welche Antibiotika das Bakterium resistent ist (welches also nicht wirkt) und welche Antibiotika gegeben werden können.

Diagnostik-Test: Das Antibiogramm zur Bestimmung von möglichen Antibiotika zur Therapie

Schritt 6: Alle Informationen werden zu einem Bild zusammengetragen

Von einer Probe wurden unterschiedliche Tests durchgeführt: Die Kultivierung auf Agarplatten, Reinkulturen anlegen, mikroskopische Untersuchungen, eine PCR, biochemische Schnelltests, ein Antibiogramm oder auch ein ELISA.

In einem letzten Schritt werden nun alle Ergebnisse zusammengefügt und passen im besten Fall zu genau einem Erreger. Sollte alles auf Anhieb klappen, dann dauert so eine Untersuchung 2 – 4 Tage, bis der Arzt den Befund bekommt. Sind aber mehrere Bakterienarten vorhanden und es ist schwierig, diese in Reinkultur zu bekommen, kann sich das Ergebnis auch ein bisschen verzögern.

Meist ist es so, dass nach einer Gram-Färbung und der positiven PCR der erste Befund an den Arzt gegeben wird, sodass schnell eine Behandlung eingeleitet werden kann. Natürlich nur, wenn das Bakterium im Labor schnell wächst. Oft ist es aber auch so, dass der Arzt schon mit einer Therapie auf Verdacht beginnt, um keine wertvolle Zeit zu verlieren.

Das Vorgehen kommt dann immer auch sehr stark auf den Allgemeinzustand des Patienten an.

Darüber hinaus: Mit Sequenzierungen noch mehr Einblicke bekommen

Wenn der Befund schon lang dem Arzt übermittelt wurde, kann es sein, dass noch weitere Untersuchungen angeschlossen werden. Dazu zählt auch die Sequenzierung.

Während einer Sequenzierung wird die gesamte Abfolge der DNA (das Genom) des Bakteriums bestimmt. Diese DNA-Abfolge kann dann mit bisher bekannten Bakterien abgeglichen werden. Dadurch werden dann Unterschiede sichtbar.

Wissenschaftler kennen das Genom der Bakterien meist schon sehr gut (zumindest für die Bakterien, die sehr oft Erkrankungen im Menschen auslösen). Sie wissen, welche Stellen im Genom für was zuständig sind, also z. B. ob sie sich besser an die Schleimhäute anheften können oder jetzt vielleicht sogar ein Toxin bilden können.

Sie sind auch in der Lage herauszufinden, ob verschiedene Erkrankte, die an ganz unterschiedlichen Orten wohnen, durch denselben Erreger erkrankt sind. So haben die Wissenschaftler die Möglichkeit, Infektionswege nachzuvollziehen und die Erkrankung und die Eindämmung auch mit anderen Ländern besser kommunizieren zu können.

Im Überblick: Die diagnostischen Tests im Bakterienlabor

Hier siehst du die mit die wichtigsten Tests der Diagnostik für Bakterieninfektionen im Überblick. Auch bei dieser Übersicht handelt es sich wieder um eine interaktive Abbildung. Klick auf die Beschreibungen unter der Abbildung und erfahre mehr über den jeweiligen Test.

Zusammenfassung: Was passiert mit einer Patientenprobe im Labor?

Puh, ziemliche viele Schritte – du brauchst ein Übersicht? Kein Problem! Dafür gibt es hier die Infografik, die alle wichtigen Schritte zusammenfasst. Es handelt sich um eine interaktive Zusammenfassung. Klick auf Info und erfahre mehr über die Diagnostik von Bakterieninfektionen.

Eine gute Übersicht über alle möglichen Proben und die Bearbeitung im Labor findest du hier.

Natürlich gibt es noch weitere Tests, die zur Diagnostik eingesetzt werden. Das kommt einerseits auf das Labor an und andererseits auch auf den Erreger. Dieser Artikel soll nur eine grobe Übersicht geben, was mit einer Patientenproben im Bakterienlabor passiert.

Alles Liebe
Isabell

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